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Hallo

zur Zeit befinde ich mich in einem eventuellen Streit mit einer Fluggesellschaft.
"Eventuell" deshalb, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich tatsächlich mit ihnen "streiten" kann.

Ich hatte eine Reise nach Ho-Chi-Minh-Stadt (Stadt in Süd-Vietnam) gebucht.
Mein Flug ging von Wien Dubai Ho-Chi-Minh-City.
Aufgrund von irgendwelchen, uns Fluggästen nicht näher erleuterten Problemen, hatte unser Startflug in Wien mit Verspätung zu kämpfen.
Bei meinem Glück war es schon fast selbstverständlich, dass ich meinen Anschlussflug in Dubai Richtung Vietnam, verpassen würde. Wir haben nämlich meines Erachtens nach, Dubai mit ca. 3 Std. Verspätung erreicht (es könnte aber auch etwas weniger gewesen sein).
Das der Anschlussflug auf uns nicht wartet, ist klar....er war schon längst weg.
Also musste ich eine Zeit lang in Dubai ausharren, bevor der nächste Flieger nach Vietnam flog. Summa summarum erreichten wir dann über 4 Stunden später als ursprünglich vorgesehen, den Flughafen Tan Son Nhat in Ho-Chi-Minh-Stadt .
Selbstverständlich wollte ich eine Entschädigung für diese Verspätung verlangen.
Also dachte ich mir, ich nutze meinen Studentenstatus und lasse mich in dieser Sache von einem Anwalt zunächst kostenlos beraten.
Ich kam nach der Beratung mit mehr Fragezeichen raus, als es vorher der Fall war!!!
Der Anwalt hat hauptsächlich auf juristischer, mir nicht wirklich verständlicher Sprache geantwortet.
Ich war mit der Beratung nicht gerade zufrieden, auch wenn er an sich ganz nett war.
Deshalb habe ich im Internet recherchiert und bin auf diese Seite hier gestoßen.

Ich gebe jetzt einfach mal das weiter, was ich so noch von dem Anwalt "verstanden" habe bzw. das, was in meinem Notizblock als Stichpunkte aufgelistet ist:
ein Anspruch könnte schwierig sein, weil Vietnam nicht in der EU liegt und damit die Fluggastrechte-Verordnung womöglich nicht eingreifen. Denn ich könnte nur nach dieser Verordnung eine Ausgleichszahlung von der Fluggesellschaft, die den verspäteten Flug ausgeführt hat, verlangen. Das habe die Europäische Kommission so neu gefasst.


Ich verstehe nicht, wie das Ganze zu handhaben ist, wenn mein Flug in der EU gestartet ist und in einem Nicht-EU-Land beendet worden ist.

Wie ist denn hier nun die Rechtslage? Habe ich einen Anspruch oder nicht?

Beste Grüße und Danke
R.

 

Gefragt in Europäische Fluggastrechte von
wieder getaggt von
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2 Antworten

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Sie haben einen Flug von Wien über Dubai nach Ho-Chi-Minh-City wahrgenommen. Auf dem Flug von Wien nach Dubai kam es zu einer Verspätung, weshalb Sie Ihren Anschlussflug verpasst haben und mit einer Verspätung von über 4 Stunden an Ihrem Zielflughafen angekommen sind.

Wie Sie schon richtig erkannt haben, könnte Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der Europäischen Fluggastrechte zustehen.

Nun stellt sich zunächst die Frage, ob diese in Ihrem Fall überhaupt Anwendung findet.

Der Anwendungsbereich der Verordnung 261/2004 ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung.

"Artikel 3

Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt

a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten

b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten."

Sie treten Ihren Flug in Wien an, also auf einem Flughafen eines Mitgliedstaates. Meines Erachtens ist in Ihrem Fall also die Europäische Fluggastrechte Verordnung anwendbar.

Sie könnten also möglicherweise einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Artikel 7 der FluggastVO (EG) Nr. 261/2004 geltend machen. Die Höhe dieses ergibt sich aus de Entfernung und bemisst sich wie folgt:

  • Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
  • Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
  • Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€

Vei einer Verspätung geht es nicht um die Verspätung beim Abflug, sondern um die Verspätung am Zielort. Dazu das folgende Urteil:

EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)

Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).

Sie sind mit einer Verspätung von über 4 Stunden an Ihrem Zielflughafen angekommen. Die Voraussetzungen de Art. 7 sind also soweit erfüllt und Sie könnten meines Erachtens also durchaus einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 haben.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es bei Ihrem Flug eine Zwischenlandung gab und dieser Umsteigeflughafen außerhalb der EU lag. Siehe dafür folgendes Urteil:

LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013, Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")

Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslösen – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.

Beantwortet von (16,560 Punkte)
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Hallo,

du hast also einen Flug von Wien nach Ho-Chi-Minh-City über Dubai gebucht. Leider kam es auf dem ersten Abschnitt der Reise zu einer Verspätung. Warum wurde euch nicht erklärt. Der Anschlussflug konnte durch die Verspätung ebenso nicht erreicht werden. Letztendlich bist du 4 Stunden später an deinem Endziel angekommen.

Du hast ebenso bereits einen Rechtsanwalt zu dem Thema befragt, der allerdings davon ausgeht, dass keine Ansprüche bestehen würden, weil der Zielflughafen nicht in der EU liegt.

Richtigerweise ergeben sich Ihre Ansprüche aus der EG-Fluggastrechteverordnung 261/2004. Ob diese tatsächlich in deinem Fall anwendbar ist, lässt sich aus Art. 3 I der Verordnung entnehmen.

 Diese Verordnung gilt

a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;

b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.

Vorliegend sind Sie in Wien gestartet, also in einen Mitgliedsstaat. Daher ist die Verordnung meines Erachtens nach in jedem Fall anwendbar. Es wird nirgends normiert, dass der Flug nicht in einem Drittstaat enden kann. Insofern verstehe ich die Ausführungen des Anwalts ebenso wenig.

Des Weiteren müssen, damit eventuell ein Entschädigungsanspruch gem. Art. 7 der EG-VO 261/2004 in Frage kommt, die Flüge in Kombination gebucht worden sein.

Dann könnten sich die Entschädigungszahlungen in folgender Höhe ergeben:

a)  250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,

b)  400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,

c)  600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Zudem musst du mit einer Verspätung von mind. 3 h am Endziel angekommen sein. Darunter wird die Verspätung als unerheblich angesehen. Du schreibst, dass du Hi-Chi-Minh erst mit einer Verspätung von 4h erreicht hast. Dazu auch folgende interessante Gerichtsurteile:

LG Darmstadt, Hinweisbeschluss v. 15.01. 2017, Az.: 25 S 75/16 (bei Google zu finden unter: "25 S 75/16 reise-recht-wiki.de")
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund eines verpassten Anschlussfluges, wobei der betroffene Fluggast mind. drei Stunden zu spät an seinem Zielort ankommt, so kann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung bestehen, auch wenn der Zubringerflug und der Anschlussflug nicht von derselben Fluggesellschaft durchgeführt wurde.

BGH, Urt. v. 13.11.2013, Az.: X ZR 115/12 (bei Google zu finden unter: "X ZR 115/12 reise-recht-wiki.de")
Ein Reisender, der aufgrund einer Verspätung des Zubringerfluges seinen Anschlussflug verpasst, hat in der Regel auch einen Anspruch auf Ausgleichszahlung aus der Fluggastrechteverordnung. Dies gilt nicht, wenn sich die Fluggesellschaft wirksam auf "außergewöhnliche Umstände berufen kann, etwa weil das pünktlich gestartete Flugzeug am Ankunftsflughafen keine Landeerlaubnis erhält.

Wie du aus dem letzten Urteil entnehmen konntest, so kann sich eine Airline von der Zahlungspflicht befreien, wenn sogenannte außergewöhnliche Umstände vorlagen, die eine Verspätung nach sich ziehen. Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten; so steht es in Erwägungsgrund 14 der Verordnung.

Leider weißt du nicht genau was vorlag bzw. was der eigentliche Grund der Verspätung war. Dies wird hier aber der größte Knackpunkt an der Geschichte darstellen. Denn Fluggesellschaften berufen sich äußerst gern auf das Vorliegen dieser außergewöhnlichen Umstände. Dies allein reicht aber nicht. Dazu kommt, dass die Fluggesellschaft alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben müssen, um eine mögliche Annullierung oder Verspätung zu verhindern.

Die Beweislast für das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände, sowie die Unvermeidlichkeit nach Vornahme aller möglichen Maßnahmen, trägt dabei das ausführende Luftfahrtunternehmen.

Insofern lässt sich nicht genau festlegen, ob der Anspruch tatsächlich besteht oder nicht. Eventuell wäre eine Beratung beim Fachanwalt besser.

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