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Sehr geehrtes Flugrechteforum,

ich habe im Rahmen eines humanitären Hilfsprojektes einen Monat in Thailand verbracht, zu unserer Winterzeit. Am 23.12. sollte es dann zurück nach Deutschland gehen.

Der Flug sollte von AirFrance ausgeführt werden, und 10.10 von Bangkok starten. Geplant war ein notwendiger Zwischenstopp in Paris auf dem Weg nach Nürnberg, um 17:05 Uhr mit anschließendem Umsteigen geplant. Der Anschlussflug AF 1810 sollte auch mit Airfrance durchgeführt werden, und um 18:15 Uhr am selben Tag stattfinden. Ich wäre dann um 19:50 Uhr in Nürnberg gelandet, pünktlich zu Weihnachten wäre ich somit bei meiner Familie gewesen.

Da ich die Flugverbindung Bangkok-Nürnberg direkt bei AirFrance gebucht habe, hatte ich keinen Einfluss auf die Anschlusszeit in Paris. Beide Flüge wurden mir jedoch bei der Buchung als zusammenhängend, und von AirFrance durchgegführt angezeigt.

Nun zu dem Problem:

Als sich vermeintlich alle Passagiere im Flugzeug befanden, kam irgendwann die Durchsage, dass der Flug noch nicht starten wird, da ein Passagier nicht zum Boarding erschien und deswegen eine Sicherheitsüberprüfung des Gepäcks stattfinden sollte! Das gesamte Gepäck des Passagiers, der nicht erschien, musste wieder ausgeladen werden, das andere Gepäck wieder rein gebracht werden, und dann alle szurück zum Flughafen gebracht werden und die Zeit verstrich.

Ich dachte nur noch an meinen Anschlussflug in Paris, ich wollte doch nur noch Heim!

Als die Türen des Flugzeugs endlich verschlossen wurden, war es bereits nach 10 Uhr. Weil der Flug Verspätung hatte, mussten wir warten bis eine Flugbahn frei wurde. Ich wurde immer ungeduldiger und hatte Angst nicht rechtzeitig in Paris zu landen. Um ca. 10:50 Uhr endlich die erlösende Nachricht: Wir konnten starten.

Der Flug an sich verlief normal. In Paris angekommen, half mir niemand der von AirFrance meinen Anschlussflug zu erreichen, ich hatte kaum noch Zeit. Also hetzte ich zum Check-In meines nächsten Fluges. Dann die Ernüchterung:                                                           Der Flug war bereits weg!!!

Ich hatte meinen Anschlussflug verpasst. Ich war aber viel zu kraftlos um wütend zu sein. Ich war nur noch enttäuscht. Wieso kann die Airline nicht ermöglichen, dass Passagiere mit Anschlussflug der selben Airline eben diesen erreichen?

Ich fragte beim Check-In von AirFrance nach dem nächstmöglichen Flug. Der sollte erst am nächsten Tag um 8:30 Uhr gehen. Als ich mich bei der Airline beschwerte, wurde mir lediglich gesagt, dass das Nichterscheinen eines Passagiers nicht in ihrem Ermessen liegt und ich deswegen mit keiner Entschädigung rechnen kann. Stimmt das?

Meine Frage lautet:

Habe ich Anspruch auf Rückerstattung oder zumindest Entschädigung?

Vielleicht kann mir jemand einen Rat geben, wie ich jetzt vorgehen soll.

 

Vielen Dank für eure Hilfe,

Claus

Gefragt in Flugverspätung von
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Sie haben einen Flug von Bangkok über Paris nach Nürnberg mit AirFrance wahrgenommen. Auf dem Flug von Bangkok nach Paris kam es zu einer Verspätung, weshalb Sie Ihren Anschlussflug nach Nürnberg verpasst haben und mit einer erheblichen Verspätung an Ihrem Zielflughafen angekommen sind.

Sie fragen sich nun, ob Sie Ansprüche gegen AirFrance geltend machen können.

Bei Annullierungen oder Flugverspätungen greifen oftmals die Regelungen aus der EG-VO 261/2004. Wie dies rechtlich beim Verpassen von Anschlussflügen passt, ist fraglich. Zur Klärung kann auf die Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

EuGH, Urteil vom 26.2.2013, Az. C-11/11 (bei Google zu finden unter: "C-11/11 reise-recht-wiki.de")
Verspätet sich eine Zubringerflug so, dass der Anschlussflug nicht mehr erreicht werden kann und somit den Zielflughafen mit einer Verspätung von mehr als 3 Stunden, steht den Fluggästen eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der Verordnung.

LG Darmstadt, Hinweisbeschluss v. 15.01. 2017, Az.: 25 S 75/16 (bei Google zu finden unter: "25 S 75/16 reise-recht-wiki.de")
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund eines verpassten Anschlussfluges, wobei der betroffene Fluggast mind. drei Stunden zu spät an seinem Zielort ankommt, so kann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung bestehen, auch wenn der Zubringerflug und der Anschlussflug nicht von derselben Fluggesellschaft durchgeführt wurde.

Sie könnten also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegen AirFrance haben. Die Höhe Ihres Anspruchs ergibt sich aus Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.

"Artikel 7 Ausgleichsanspruch. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."

Von diesem Anspruch auf Ausgleichsleistung kann sich die Fluggesellschaft außerdem nach Artikel 5 Absatz 3 der EU-Fluggastrechteverordnung befreien, wenn sich die Fluggesellschaft beispielsweise auf außergewöhnliche Umstände beruft.

BGH, Urt. v. 13.11.2013, Az.: X ZR 115/12 (bei Google zu finden unter: "X ZR 115/12 reise-recht-wiki.de")
Ein Reisender, der aufgrund einer Verspätung des Zubringerfluges seinen Anschlussflug verpasst, hat in der Regel auch einen Anspruch auf Ausgleichszahlung aus der Fluggastrechteverordnung. Dies gilt nicht, wenn sich die Fluggesellschaft wirksam auf "außergewöhnliche Umstände berufen kann, etwa weil das pünktlich gestartete Flugzeug am Ankunftsflughafen keine Landeerlaubnis erhält.

In Ihrem Fall war Grund für die Verspätung das Ausladen des Gepäcks eines zum Boarding nicht erschienenen Passagiers. Fraglich ist, ob dieser Umstand einen außergewöhnlichen Umstand darstellt, der die Fluggesellschaft vom Leisten der Ausgleichszahlungen befreien würde. Dazu das folgende Urteil:

AG Nürnberg, Endurteil v. 28.02.2017 – 12 C 4921/16

Dass ein Fluggast spontan zum Flug, für den er bereits eingecheckt war, nicht erscheint, ist typisches Risiko beim Betrieb eines Verkehrsflugzeuges, ebenso wie die Tatsache, dass bereits eingechecktes Gepäck dann wieder ausgeladen werden muss. Es handelt sich mithin nicht um einen „außergewöhnlichen Umstand“ iSd Art. 5 Abs. 3  VO (EG) Nr. 261/2004. 

Es ist in Ihrem Fall also nicht von einem außergewöhnlichen Umstand auszugehen und Sie haben meines Erachtens wahrscheinlich einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegenüber AirFrance.

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