Sie haben eine Pauschalreise gebucht. Nun wurden Sie darüber informiert, dass sowohl Hin- als auch Rückflug erheblich verlegt wurden und zudem auch noch ein anderer Flughafen nun Abflughafen ist. Diesen können Sie so nicht wahrnehmen. Sie fragen sich nun, ob Sie durch die Verlegung des Hinfluges irgendwelche Ansprüche gegen den Reiseveranstalter geltend machen können.
Sie haben eine Pauschalreise im Sinne des § 651 a BGB gebucht, sodass sich sämtliche Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des BGB ergeben. Diese sind in den §§ 651 a-m BGB geregelt und werden gegen den Reiseveranstalter geltend gemacht. Es gibt also verschiedene Möglichkeiten. Zunächst kommt eine Reisepreisminderung gem. § 651d in Betracht. Da Sie die Reise jedoch so nicht antreten können, würde Ihnen diese Möglichkeit nicht weiter helfen. In Betracht kommt dann aber die Möglichkeit einer Kündigung, welche in § 651 e BGB geregelt ist. Das Recht zur Kündigung setzt zunächst voraus, dass die Reise mit einem Reisemangel behaftet ist.
Reisemangel
Die wesentliche Pflicht des Reiseveranstalters besteht darin, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften besitzt und nicht mit Mängeln behaftet ist (§651c Abs. 1 BGB). Ein Reisemangel im Sinne von § 651 c BGB liegt demnach vor, wenn eine wesentliche Reiseleistung einen Fehler aufweist oder nicht die zugesicherten Eigenschaften enthält. Eine Flugbeförderung stellt eine wesentliche Reiseleistung dar, deren Abweichungen unter Umständen zu einer Reisepreisminderung führen oder andere Ansprüche begründen können. Dies wird darauf zurückgeführt, dass der Transport in der Regel einen der wichtigen Bestandteile eines Pauschalreisevertrages ausmacht. In Ihrem Fall könnte die Flugzeitenänderung des Hinfluges einen Reisemangel darstellen. Dies ist insbesondere dann zu bejahen wenn eine Störung der Nachtruhe vorliegt oder andere Tage als der erste und letzte Tag betroffen sind.
LG Koblenz, Urt. v. 12.11.2003, Az: 12 S 164/03 (ganz einfach zu finden bei Google, wenn Sie eingeben: “ Az: 12 S 164/03 reise-recht-wiki“)
Ein Fluggast kann von einem Reisevertrag zurück treten, wenn die abweichenden Reisezeiten zu einer erheblichen Änderung der Reiseleistung führen.
Ab wann eine erhebliche Änderung der Reisezeiten vorliegt, ist jedoch nicht immer ganz eindeutig. Als Orientierung dient aber beispielsweise folgendes Urteil:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Aber wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese unzulässig.
Da die Verschiebung der Reisezeit in Ihrem Fall ziemlich erheblich ist und zudem auch noch die durch das OLG Düsseldorf festgelegte 8 Stunden Grenze überschreitet, denke ich, dass in Ihrem Fall von einem Reisemangel nach § 651 c BGB auszugehen ist, der zur Kündigung nach § 651 e BGB berechtigt.
Zu beachten ist aber, dass Sie von dem Reiseveranstalter zunächst Abhilfe verlangen müssen. Das bedeutet, Sie müssen dem Reiseveranstalter genügend Zeit einräumen um dem Mangel selbst zu beheben, bevor Sie kündigen dürfen.
AG Düsseldorf, Urt. v. 03.11.2009, Az: 52 C 5920/09 (ganz einfach zu finden bei Google, wenn Sie eingeben: “ Az: 52 C 5920/09 reise-recht-wiki“)
Reisekunden sind nur zur Kündigung eines Reisevertrages berechtigt, wenn sie den Mangel, der die Kündigung begründet, rechtzeitig anzeigen und dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels gesetzt haben, die ergebnislos verstrichen ist.
Falls der Reiseveranstalter Ihnen also wirklich keine Abhilfe schafft, könnten Sie meines Erachtens auf jeden Fall schonmal die Reise kostenfrei stornieren.
Dieses ist für Sie jedoch nicht die optimale Lösung. Sie haben deshalb vorgeschlagen, selber neue Flüge buchen können und die Kosten dann von dem Reiseveranstalter zu verlangen. Fraglich ist, ob sich dafür eine passende Anspruchsgrundlage finden lässt. Hier könnte ich mir am ehesten die Möglichkeit der Selbstabhilfe gem. § 651 c vorstellen. Denn schafft der Reiseveranstalter nicht innerhalt einer vom Reisenden bestimmten Frist Abhilfe, so kann der Reisende selbst Abhilfe schaffen.
Das geht jedoch nur dann, wenn der Reisende bereits einen wirksamen Abhilfeanspruch nach § 651 c Absatz 2 BGB gestellt hat und der Reiseveranstalter diesen innerhalb einer angemessenen Frist nicht erfüllt hat. Die Fristsetzung soll dem Reiseveranstalter die Gelegenheit geben, zunächst selbst Abhilfe zu schaffen. Der Reisende darf sich also nur dann selbst helfen, wenn die Frist durch den Reiseveranstalter nicht eingehalten wurde. Die Kosten für die Selbstabhilfe müssen gemäß § 651 c Absatz 3 Satz 1 vom Reiseveranstalter zurückerstattet werden, sobald diese Kosten auch erforderlich waren. Die Erforderlichkeit dieser Kosten ist aus Sicht eines verständigen Durchschnittsreisenden zu beurteilen, die Kosten müssen demnach angemessen sein. Schafft der Reiseveranstalter Ihnen also nicht innerhalb der von Ihnen vorgegeben Frist Abhilfe und waren die Kosten für die Flüge objektiv erforderlich, können Sie diese vom Reiseveranstalter verlangen.
Da Ihr Fall jedoch relativ komplex ist, könnte es hilfreich sein, einen Fachanwalt im Reiserecht zu Rate zu ziehen.