Du hast eine Pauschalreise gebucht. Dabei hast du dich für den Flug um 6:55 Uhr entschieden, obwohl die gleiche Verbindung um 17:55 70 Euro günstiger gewesen wäre. Auf diese Verbindung bist du schließlich umgebucht worden. Damit bist du nicht einverstanden, und Neckermann kommt dir leider nicht zu eurer Zufriedenheit entgegen.
Ich habe zwar selbst nicht erfolgreich interveniert, aber wie ich dich verstehe fragst du dich ja, ob die Flugverschiebung so in Ordnung gewesen sein könnte.
Die Änderung ist natürlich sehr ärgerlich. Weil du eine Pauschalreise gebucht hast könnten sich dir aus dem Reisevertrag mit Neckermann Ansprüche aus den §§ 651 a - m BGB ergeben.
Dazu muss aber geklärt werden denke ich, ob die Flugzeiten die du gebucht hast fester Bestandteil des abgeschlossenen Vertrages geworden sind oder nicht.
Damit ist gemeint, dass ein Reiseveranstalter in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reisevertrags eine Änderungsklausel einbauen kann. Damit kann er sich eine Flugzeitenverschiebung vorbehalten. Aber:
LG Hannover, Urt. v. 13.03.2012, Az: 18 O 79/11
Ein Vermerk, dass angegebene Flugzeiten vollkommen unverbindlich sind und deren endgültige Festlegung dem Reiseveranstalter obliegt ist ungültig.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2014, Az: I-6 U 123/12 (einfach zu finden im Reise-Recht-Wiki, wenn Sie bei Google Az: I-6 U 123/12 eingeben)
Klauseln, die einem Reiseveranstalter das Recht einräumen, Flugzeiten zu ändern und Zwischenlandungen hinzuzufügen, verstoßen gegen § 308 Nr. 4 BGB.
Wenn eine solche Klausel nicht vorliegt, dann sind die Flugzeiten fester Vertragsbestandteil geworden. Dann hat der Reiseveranstalter sich an diese zu halten. Sonst liegt ein Vertragsbruch vor, und ich würde dann denke ich an einen möglichen Schadensersatz oder eine Minderung denken. Vielleicht könntest du dann auch vom Vertrag zurücktreten.
Falls vorliegend eine solche Klausel existiert, dann können die Flugzeiten zwar verschoben werden, aber es kommt weiterhin darauf an, ob die Flugzeitverschiebung den ersten oder letzten Reisetag betreffen, oder die Nachtruhe beeinträchtigt wird.
Ansonsten könnte an das Vorliegen eines Mangels zu denken sein, denn die Verschiebung könnte erheblich und unzumutbar sein - beispielsweise wenn ein kompletter Urlaubstag verloren geht.
AG KÖLN, Urteil vom 07.09.2015, Az.: 142 C 78/15 (einfach zu finden, wenn du das Urteil bei Google eingibst: Amtsgericht Köln 142 C 78/15 reise-recht-wiki.de)
Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist.
Erst einmal zur Nachtruhe:
AG Hannover, Urteil vom 20.11.2008, Az. 519 C 7511/08 (einfach bei Google eingeben und im Reise-Recht-Wiki nachlesen unter: AG Hannover Az. 519 C 7511/08)
Sobald die Flugzeitenänderungen keinen Verlust der Nachtruhe bedeuten, sind sie zumeist als bloße Unannehmlichkeiten zu werten.
Das AG Hannover hat diesbezüglich schon einmal eine Eingrenzung vorgenommen. Von einer Störung der Nachtruhe würde ich bei euch denke ich nicht ausgehen, euer Flug wurde ja nun nach hinten verschoben.
Er wurde aber so weit nach hinten verschoben, dass man vielleicht daran denken könnte, dass euch ein knapper Urlaubstag verloren geht - ihr werden ja nun erst in den Abendstunden anstatt Vormittags anreisen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind. Wird von der Flugzeitenverschiebung ein Urlaubstag beeinträchtigt, so ist diese ebenfalls unzulässig.
Hinnehmbar sollen also Verschiebungen bis 8 Stunden sein. Eure Verschiebung übersteigt diese Grenze. Darüber hinaus könnte man vielleicht auch davon ausgehen, dass euer Urlaubstag dadurch beeinträchtigt wird. Insofern könnte man vielleicht einen Mangel durch die Verschiebung im Sinne des Urteils des OLG Düsseldorf annehmen.
Ihr habt bei der Buchung außerdem einen erhöhten Preis in Kauf genommen. Dies könnte euch ja vielleicht unzumutbar, und deshalb ein Mangel sein. Dazu habe ich leider keine Vergleichsurteile gefunden - du schreibst, dass du Urteile des Bundesgerichtshof gefunden hast, danach das nicht zulässig ist. Vielleicht hast du ja Lust diese Urteile zu teilen?
Es würde glaube ich auch darauf ankommen, ob ihr die Preisdifferenz nachweisen könnt, und dass ihr genau diese Zeit in den frühen Morgenstunden deshalb mit eurem Reiseveranstalter genau so (schriftlich) vereinbart habt. Dies würde es zumindest vereinfachen in einen Dialog mit eurem Reiseveranstalter zu treten.
Du schreibst, dass ihr euch bereits mit Neckermann in Verbindung gesetzt habt - sie haben euch einen Alternativflug einen Tag früher angeboten? So wie ich das verstehe kostenfrei - mit Ausnahme des Hotels, also der zusätzlichen Übernachtung?
Um noch einmal den möglichen Mangel durch die Verschiebung im Sinne des Urteils des OLG Düsseldorf aufzugreifen könnten euch deshalb verschiedene Möglichkeiten offen stehen. Wenn ein Mangel vorliegt kann man theoretisch gemäß § 651e BGB den Reisevertrag kostenfrei deshalb kündigen, oder aber eine Reisepreisminderung nach § 651d BGB angehen. Dabei kann man, wenn sich der Flug um mehr als vier Stunden verschiebt, nach der sogenannten Frankfurt Tabelle 5 Prozent des Reisepreises, und für jede weitere Stunde weitere 5 Prozent mindern.
Ich könnte mir auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung vorstellen. Danach können Ansprüche aus Artikel 7 ff. EU-VO in Frage kommen, soweit eine Annulierung im Sinne von Artikel 5 EU-VO anzunehmen ist.
Eine Annulierung ist dann gegeben, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start deshalb aufgegeben wird. So ist es einem Urteil des EuGH vom 13.10.2011 zu entnehmen (Az.: C- 83/10, das Urteil ist leicht für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: EuGH 13.10.2011 Az.: C-83/10 reise-recht-wiki.de).
Aber solche Ansprüche sind ausgeschlossen, wenn man lange genug im Voraus über eine Annulierung informiert wurde:
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder (...)
Es wäre also gut zu wissen, wann du informiert wurdest. Ansonsten kommen vielleicht Ansprüche nach Artikel 7 EU-VO auf Ausgleichszahlungen, oder Ansprüche aus Artikel 8 EU-VO auf Erstattung oder anderweitige Beförderung - also einen anderen Flug als den, auf den ihr umgebucht wurdet