Guten Tag,
leider gab es bei ihrer Reise nach Paris mehrere Probleme. Zunächst kam es zu einem Streik am Flughafen in Paris, weshalb ihr Hinflug anscheinend annulliert wurde. Daraufhin sind Sie mit dem Zug nach Paris gefahren. Auch der Rückflug verlief nicht reibungslos, denn dieser wurde ebenfalls einen Tag vor Abflug storniert, weshalb Sie erst am darauffolgenden Tag zurückfliegen konnten und ein Hotel auf eigene Kosten gezahlt haben.
Bei solchen Vorfällen handelt es sich regelmäßig um Annullierungen. Insofern greift meines Wissens nach die Vorschrift des Art. 5 I der europäischen Fluggastrechteverordnung.
Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unter- stützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt
Gehen wir mal der Reihenfolge nach durch.
Der Anspruch aus Art. 8 bezieht sich auf eine Erstattung der Flugscheinkosten oder anderweitige Beförderung zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Bei ihrem Hinflug wurde Ihnen eine solche Alternative ja anscheinend nicht angeboten. Bezüglich des Rückfluges war dies entweder erst einen Tag später der Fall oder Sie haben sich selbst einen neuen Flug gebucht, das wurde aus der Beschreibung jetzt nicht so ganz ersichtlich.
Gemäß Art. 9 I der Verordnung müssen den betroffenen Flugreisenden auch Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit sowie eine Hotelunterbringung, falls ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist, angeboten werden. Ebenso hätte eine Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung angeboten werden müssen. Dies ist wohl ebenfalls nicht passiert, weshalb Sie die Kosten für all dies wohlmöglich ebenso zurückverlangen können.
Nun kommt wohl der wichtigste Part: der Anspruch auf Ausgleichszahlungen gem. Art. 7 der Verordnung. Demnach müssten Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe erhalten:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Ausgleichszahlungen müssen allerdings in bestimmten Fällen nicht gezahlt werden. Dazu gehört, wenn die Information über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Dies ist wohl nicht geschehen, weshalb dieser Zahlungsanspruch wohl hinsichtlich des Rückfluges bestehen sollte. Anders könnte dies beim Hinflug der Fall sein, da Sie erzählt haben, dass dieser aufgrund eines Streiks annulliert wurde. Möglicherweise greift deshalb der Ausnahmetatbestand des Art. 5 III, weshalb diese Zahlungen nicht geleistet werden müssen, wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorlag und alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden. In Erwägungsgrund 15 der Verordnung ist festgelegt, dass ein Streik einen solchen Umstand darstellen kann.
Dazu folgende Urteile:
AG Köln, Urteil vom 30.6.2008, Az. 111 C 126/08 (bei Google einfach zu finden unter: "111 C 126/08 reise-recht-wiki.de")
Aufgrund eines Personalstreiks konnte aufgrund eines Personalstreiks nicht durchgeführt werden. Der Kläger verlangt nun eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung. Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, da in dem Streik ein haftungsbefreiender außergewöhnlicher Umstand zu sehen sei.
AG Frankfurt, Urteil vom 8.11.2011, Az. 31 C 1700/11 (16) (bei Google eingeben: "31 C 1700/11 (16) reise-recht-wiki.de")
Aufgrund eines Pilotenstreiks konnte der Flug der Kläger nicht durchgeführt werden, woraufhin diese eine Ausgleichzahlung im Sinne Artikel 5 der EU-Fluggastrechteverordnung verlangten. Die Klage wurde abgewiesen, da in dem Streik ein außergewöhnlichr Umstand zu sehen sei, für den die Airline nicht haftbar gemacht werden könne.
AG Charlottenburg, Urteil vom 3.1.2014, Az. 232 C 267/13 (bei Google zu finden unter: "232 C 267/13 reise-recht-wiki.de")
Wegen eines Pilotenstreiks musste der Fluggast mehrere Stunden auf seinen Abflug warten und verlangt nun eine Schadensersatzzahlung von dem ausführenden Luftfahrtunternehmen. Das Amtsgericht hat die Klage jedoch abgewiesen, da ein Personalstreik zu der Art Umständen gehöre, auf die die Airline keine Einfluss habe und daher auch nicht ersatzpflichhtig sei.
Wie Sie sehen, haben Fluggäste bei Streiks nicht immer die besten Chancen. Trotzdem schließt dies einen Versuch nicht aus. Letztendlich ist dies nur eine laienhafte Auffassung, weshalb es immer ratsam ist, bei solch komplexen Fragestellungen lieber einen Anwalt aufzusuchen.