Sie sind von Frankfurt über Madrid nach Buenos Aires geflogen. Der Flug von Madrid nach Buenos Aires kam jedoch mit einer Verspätung von 5 Stunden an. Sie fragen sich nun, ob Sie dadurch Ansprüche gegen die Fluggesellschaft geltend machen können. Bei "Nur-Flügen" ergeben sich solche aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.
Nun sagt die Fluggesellschaft jedoch, dass die Verordnung nicht angewendet werden kann. Der Anwendungsbereich der Verordnung 261/2004 ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung.
"Artikel 3
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten."
Maßgeblich ist also der Abflughafen. Dieser ist in Ihrem Fall Frankfurt am Main bzw. Madrid. Beide befinden sich innerhalb der EU. Die Verordnung ist also anwendbar.
Der Flug hatte eine Verspätung von 5 Stunden. In einem solchen Fall lässt sich bereits von einer Annullierung des ursprünglich gebuchten Fluges ausgehen.
Bei einer Annullierung kann Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung zustehen. Dazu auch das folgende Urteile:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az.: C-83/10 (Das Urteil lässt sich im Volltext im Internet finden. Dazu einfach bei Google "Az.: C-83/10 reise-recht-wiki" eingeben)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
BGH- X ZR 34/14 (Das Urteil lässt sich im Volltext im Internet finden. Dazu einfach bei Google "Az.: C-83/10 reise-recht-wiki" eingeben)
Der BGH hatte entschieden, dass auch eine zeitliche Flug-Verlegung nach hinten einer Nichtbeförderung gleichkomme und dem Kunden dann Ausgleichszahlungen zustehen könnten.
Nun gibt die Fluggesellschaft an, dass sie nicht für den Flug verantwortlich war, da eine Tochtergesellschaft diesen durchgeführt hat. Ihren Angaben lässt sich entnehmen, dass Sie die Flüge als Gesamtflug gebucht haben. Zwar wurde der erste Flug durch eine Tochtergesellschaft und der von Iberia durchgeführt, doch geben Sie an, dass auf dem Ticket und den Unterlagen überall Iberia steht. Ich denke daher, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen Iberia ist, denn dort haben Sie auch Ihre Tickets gebucht. Mögliche Ansprüche richten sich also gegen Iberia.
Es stellt sich außerdem die Frage, ob es einen Unterschied macht, dass es sich nicht um einen Direktflug, sondern um einen Flug mit Zwischenlandung gehandelt hat.
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 (einfach zu finden bei Google unter „Az.: C-452/13 reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Das bedeutet, dass Sie einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aufgrund der Verspätung am Endziel haben könnten. Irrelevant ist, dass die Flüge von zwei verschiedenen Airlines durchgeführt wurden, solange Sie diese als Gesamtflug gebuchte haben.
Die Höhe der Ausgleichszahlungen bemisst sich aus der Entfernung und ergibt sich aus Artikel 7 VO Nr. 261/2004:
"Artikel 7 Ausgleichsanspruch. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."
Maßgeblich ist die Entfernung von Frankfurt nach Buenos Aires. Sie haben also einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 EUR.
Sie fragen sich schlussendlich noch, ob Sie den Anspruch auch vor einem deutschen Gericht geltend machen können.
Dazu folgende Urteile:
BGH, Urteil vom 28.5.2013, Az. X ZR 88/12 (bei Google zu finden, wenn Sie eingeben: "X ZR 88/12 reise-recht-wiki.de")
Bei internationalen Streitigkeiten kann der Kläger wählen, ob er sich an das an seinem Wohnort zuständige Gericht oder an das für den Beklagten zuständige Gericht wende.
EuGH, Urteil vom 9.7.2009, Az. C-204/08 (bei Google einfach eingeben: "C-204/08 reise-recht-wiki.de")
Bei Klagen auf Ausgleichsansprüche des Reisenden gegenüber einem Luftfahrtunternehmen, hat der Reisende die Wahlfreiheit zwischen den Gerichten an Ankunft-und Abflugort.
Aufgrund dieser Urteile, bin ich zu der Meinung bewogen, dass es Ihnen durchaus zustehen sollte, Ihre Ansprüche in Frankfurt geltend zu machen. Denn Abflugort ist in Ihrem Fall Frankfurt, nicht Madrid.
Allerdings empfiehlt es sich bei schwierigen Fragen, zusätzlich zu einer Rechtsmeinung noch einen professionellen Rechtsrat von einem Fachanwalt einzuholen.