Lieber Fragesteller,
Bei Ihnen tun sich vier Fragen auf: Wer ist ausführendes Luftfahrunternehmen? Gibt es eine Ausgleichszahlung bei einem technischen Defekt? Wie weit ist der Geltungsbereich der europäischen Fluggastrechteverordnung? Wie muss mit einem ausländischen Kommuniziert werden?
1. Ausführendes Luftfahrtunternehmen
Ausgleichszahlungsansprüche sind gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen geltend zu machen. Dieses Unternehmen ist dasjenige, was den Flug durchführt oder dieses zu tun beabsichtigt. Das beutet, dass auch ein Luftfahrtunternehmen das ausführende ist, wenn der Flug annulliert wurde. Das ausführende Luftfahrtunternehmen ist zur Ausgleichszahlung verpflichtet, gleichgültig, ob es auch vertraglich zur Luftbeförderung gegenüber dem Fluggast verpflichtet ist. Regelmäßig ist eine Muttergesellschaft bei Flügen ihrer Tochtergesellschaft das ausführende Luftfahrtunternehmen, da sie die die Möglichkeit hat, auf die Organisation der Flüge Einfluss zu nehmen (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2013, 22 S 234/12; AG Rüsselsheim, Urt. v. 20.12.2013, 3 C 3247/13 (37)).
2. Ausgleichsanspruch bei technischem Defekt
Eine Airline wird von ihrer Zahlungspflicht befreit, wenn die Annullierung oder Verspätung des Fluges auf einen „außergewöhnlichen Umstand“ zurückzuführen ist (Art. 5 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 261/2004). Außergewöhnlich ist ein Umstand dann, wenn er nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entspricht, sondern außerhalb dessen liegt, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Es muss also eine Beeinträchtigung der ordnungs- und planungsgemäßen Durchführung vorliegen; diese kann z. B. durch politische Instabilität oder durch einen Vulkanausbruch vorliegen. Nach der Definition kann auch ein technischer Defekt in den meisten Fällen zu einem außergewöhnlichen Umstand führen. Dieses gilt auch bei ordnungsgemäßer Wartung (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.2013, X ZR 160/12; bei Google eingeben: "X ZR 160/12 Reise-Recht-Wiki.de").
3. Geltungsbereich der europäischen Fluggastrechteverordnung
Die europäische Fluggastrechteverordnung VO (EG) Nr. 261/2004 gilt für alle Flüge, die in der europäischen Union starten oder landen. Dabei kommt es nicht auf den Sitz des Unternehmens an. Allein der Umstand, dass ein Flugzeug planmäßig in der europäischen Union gestartet oder gelandet ist, bindet die Airlines an die Fluggastrechteverordnung.
4. Kommunikation mit einer ausländischen Fluggesellschaft
Diese folgenden Informationen gehen einen Schritt weiter, als Sie bereits gegangen sind. Sie sollen als Anhaltspunkt dienen, was die Kommunikation mit dem ausländischen Unternehmen betrifft.
Das Amtsgericht Erding hatte einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem ein Fluggast aus Deutschland einem spanischen Luftfahrtunternehmen eine Klageschrift in deutscher Sprache zustellte. Die Aktiengesellschaft verweigerte die Annahme der Klageschrift, da ihr keine Übersetzung beigefügt war. Eine Annahme kann gem. Art. 8 Abs. 1 EuZustVO vom Adressaten verweigert werden, wenn das Schriftstück weder in der Amtssprache des Empfängerstaates noch in einer Sprache verfasst ist, die er versteht, und keine Übersetzung beigefügt ist. Die spanische Aktiengesellschaft zeigte fristgerecht keine Verteidigungsabsicht, obwohl sie auf die prozessualen Folgen eines Versäumnisses ausdrücklich hingewiesen wurde.
Schließlich erging ein Versäumnisurteil gegen die Aktiengesellschaft aus Spanien (vgl. AG Erding, Urt. v. 05.12.2013, 4 C 1702/134). Das Gericht urteilte, dass ausländische Luftfahrtunternehmen nicht berechtigt sind, die Annahme einer ihr zugestellten Klageschrift, die in deutscher Spreche abgefasst oder der keine Übersetzung beigefügt ist, zu verweigern, wenn es ihm aufgrund der im gesamten Unternehmen faktisch vorhandenen Sprachkenntnisse möglich ist, die deutsche Sprache hinreichend zu verstehen.
Umstritten ist, ob bei juristischen Personen auf die Sprachkenntnisse der vertretungsberechtigten Organwalter oder auf die im gesamten Unternehmen der juristischen Person faktisch vorhandenen Sprachkenntnisse abgestellt werden kann. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass auf die tatsächlich im Unternehmen vorhandenen und verfügbaren Sprachkenntnisse abzustellen ist. Zum einen ist dem Empfänger der Rückgriff auf alle internen Quellen zumutbar, zum anderen werden Änderungen in der Organstellung rein innergesellschaftlich vollzogen und sind für den Absender nicht erkennbar.
Desweiteren konnte der deutsche Fluggast in diesem Fall das Gericht davon überzeugen, dass bei dem spanischen Unternehmen ausreichend deutsche Sprachkenntnisse vorhanden sind. Auf der Internetseite des Luftfahrtunternehmens werden ausdrücklich Flüge in deutscher Sprache angeboten, auch werden die Beförderungsbedingungen und die Fluggastrechte nach der EU-Richtlinie in deutscher Sprache erklärt. Außerdem wurde bekannt, dass das Unternehmen in einem Verfahren vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien auf Deutsch Einspruch erhoben hat. Diese Argumente reichten aus, um das Gericht von den hinreichenden Deutschkenntnissen des Unternehmens zu überzeugen. Somit war die Zustellung der Klageschrift auch ohne die Beifügung einer Übersetzung wirksam.
5. Weiteres
Sie haben eine Pauschalreise gebucht. Dabei handelt es sich um eine Gesamtheit von Reiseleistungen, welches den Anwednungsbereich des Reiserechts des Bürgerlichen Gesetzbuches eröffnet, §§ 651a ff. BGB. Auch hiernach können Sie Ansprüche geltend machen. Zum Beispiel auf Schadensersatz oder Sie können den Reisepreis mindern.
Viel Erfolg!