Sie haben über L‘Tur 4 Hin- bzw Rückflüge im April 2019 von Deutschland nach Mallorca gebucht. Diese sollten mit Germania Airlines durchgeführt werden. Da diese Fluggesellschaft jedoch insolvent ist, sind Ihre Flüge so nicht mehr vorhanden. L‘Tur ist nun jedoch nicht bereit, Ihnen zu helfen und Sie fragen daher nach den Ansprüchen gegenüber L`Tur.
L‘Tur ist der Reisevermittler. Er ist mit der Vermittlung der Reiseverträge beauftragt. Nun fragt sich, ob sich Ansprüche gegen diesen ergeben. Mögliche Ansprüche bei einem Nur-Flug kommen aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung in Betracht.
Sofern der Reisevermittler Flüge einer Fluggesellschaft vermittelt, ist also fraglich, ob ihn auch Pflichten nach der VO-EG Nr. 261/2004 treffen.
Im Falle einer Annullierung des Fluges ist der Passagier gemäß Art. 5 VO-EG Nr. 261/2004 mindestens zwei Wochen vor Abflugdatum zu informieren, anderenfalls hat er Ausgleichsansprüche gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 7 der VO-EG Nr. 261/2004. Für die Sicherstellung der Information des Passagiers ist jedoch ausschließlich das ausführende Luftfahrtunternehmen verantwortlich (EuGH, Urt. v. 11.05.2017, Rs. C-302/16). Auch wenn der Reisevermittler fristgerecht informiert wird, muss die Fluggesellschaft sicherstellen, dass diese Information an den Passagier weitergegeben wird. Erhält der Passagier die Information über die Annullierung also nicht fristgemäß, so muss er seinen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Verordnung gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen richten. Dabei ist irrelevant, dass der Beförderungsvertrag lediglich zwischen dem Passagier und dem Reisevermittler besteht. Denn die Informationspflicht bei Annullierung trifft alleine das ausführende Luftfahrtunternehmen.
Daher ist der Reisevermittler L‘Tur in Ihrem Fall also leider nicht der Ansprechpartner und Sie haben keine Anspruch gegen diesen.
Ansprüche richten sich lediglich gegen die Fluggesellschaft, also Germania Airlines. Problematisch ist, dass diese jedoch insolvent ist.
Als Grundsatz gilt im Insolvenzrecht, dass die insolvente Gesellschaft bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens nichts mehr zahlen darf, soweit diese nicht zwingend zur Aufrechterhaltung des Unternehmens notwendig sind. Erst wenn das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist, wird ein “Kassensturz” vorgenommen. Sollte nach Abzug der Kosten für die Insolvenz und nach Befriedigung vorrangiger Gläubiger, noch Vermögen übrig sein, so wird dies anteilig an alle Gläubiger ausgezahlt. Niemand kann vorhersagen, welchen prozentualen Anteil der Forderung die einzelnen Schuldner bekommen.
Eine Auszahlung von Kompensationszahlungen ist daher wahrscheinlich eher nicht zulässig. Dementsprechend können Sie im Moment für Ihre Flugverspätung oder Annullierungen von Germania Airlines keine Entschädigung ausgezahlt bekommen. Man bekommt nur eine Forderung gegen die Insolvenzmasse. Am Ende des Insolvenzverfahrens wird dann das übrige Geld zu gleichen Teilen an alle Gläubiger ausgezahlt. Die durchschnittliche Quote, die Gläubiger bei einer Insolvenz bekommen liegt bei 2 bis 3 % der Forderungshöhe.
Sie sollten meines Erachtens daher am besten versuchen, diese Flüge zu stornieren und Ihr Geld zurückzufordern. Denn ein Anspruch aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung wird schwer geltend zu machen sein.
Dieses stellt jedoch nur eine Rechtseinschätzung dar, weshalb es für Sie sinnvoll sein könnte, einen Fachanwalt für Reiserecht einzuschalten.