Sie haben einen Flug nach Kreta gebucht. Nun wurden Sie darüber unterrichtet, dass der Flug von 14:15 auf 5:50 vorverlegt wurde. Sie fragen nun nach Ihren Ansprüchen. Mögliche Ansprüche ergeben sich aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung VO Nr. 261/2004. Diese kommen in Betracht, wenn eine Annullierung oder große Verspätung vorliegt. In einem solchen Fall können ergeben sich dann Ansprüche gemäß Artikel 5 EU-VO.
Ab wann eine Annullierung vorliegt, hat der EuGH in einer Grundsatzentscheidung entschieden:
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Da Ihre Flugzeiten erheblich geändert wurden, könnte man meines Erachtens bereits von einer Annullierung des gebuchten Fluges ausgehen.
Es ergeben sich also Ansprüche aus Art. 5 VO Nr. 261/2004. In Art. 5 stehen Verweise auf die Art. 7, 8 und 9 der Verordnung. Aus diesen könnte sich eine passende Anspruchsgrundlage ergeben.
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet
Sie könnten also zunächst einmal einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 haben:
Artikel 7, Ausgleichsanspruch
„(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt“.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht also, wenn:
- Sie nicht spätestens 14 Tage vor Abflug Bescheid bekommen haben,
- die Fluggesellschaft für die Annullierung verantwortlich war und
- Ihnen kein Alternativflug angeboten wurde, der innerhalb der Annullierungsfristen nur eine geringe Verspätung hat.
Sie geben nicht an, wann Ihr Flug stattfinden soll bzw. wann Sie darüber unterrichtet wurden. Falls Sie aber mindestens 14 Tage im Voraus informiert wurden, entfällt ein möglicher Anspruch auf Ausgleichszahlungen aber leider.
Es kommt dann aber ein Anspruch gemäß Art. 8 VO in Betracht.
Art. 8, Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen
zwischen
a) der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten
b) einer anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
c) einer anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Sie können den Flug kostenfrei stornieren. Die Fluggesellschaft darf Ihnen dafür keine Gebühren auferlegen oder Mehrkosten fordern. Falls Sie den Flug trotzdem wahrnehmen wollen, sollten Sie die Fluggesellschaft kontaktieren und eine anderweitige Beförderung unter vergleichbaren Bedingungen fordern. Denn der Flug, der Ihnen angeboten wurde, ist keine Beförderung unter vergleichbaren Bedingungen.
Zum Schluss möchte ich noch anbringen, dass dieser Beitrag lediglich eine Rechtseinschätzung darstellt. Für eine professionelle Rechtsberatung wäre es vielleicht von Vorteil zusätzlich noch einen Anwalt zu Rate zu ziehen.