Sie haben eine Pauschalreise gebucht. Nun haben Sie jedoch erfahren, dass sich die Reise um 7 Stunden verlängert. Sie fragen nun nach Ihren Ansprüchen sowohl gegen die Fluggesellschaft, als auch gegen den Reiseveranstalter.
Zunächst einmal gegen den Reiseveranstalter:
Bei einer Pauschalreise ergeben sich mögliche Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des BGB, welches in den §§ 651 a ff. BGB geregelt ist. Solche Ansprüche ergeben sich dann, wenn ein Reisemangel vorliegt. Ab wann das der Fall ist, ist in § 651 i II BGB definiert:
(2) Die Pauschalreise ist frei von Reisemängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Pauschalreise frei von Reisemängeln,
| 1. | wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen eignet, ansonsten |
| 2. | wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann. |
Ein Reisemangel liegt auch vor, wenn der Reiseveranstalter Reiseleistungen nicht oder mit unangemessener Verspätung verschafft.
Ob die Flugzeitenverlängerung in Ihrem Fall einen Reisemangel begründen, kann anhand von verschiedenen Urteilen ermittelt werden:
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.05.2013, Az. I-6 U 123/12 (einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: „OLG Düsseldorf I-6 U123/12 reise-recht-wiki.de")
Geringere Verschiebungen sind als hinnehmbar anzusehen. So kann eine Verschiebung von 4 bis 8 Stunden noch zulässig sein. Von Bedeutung ist, ob die Veränderungen für den Fluggast noch zumutbar sind.
AG Ludwigsburg, Urteil vom 18.08.2008, Az. 10 C 1621/08 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “ AG Ludwigsburg 10 C 1621/08 reise-recht-wiki.de“)
Minderung bejaht. Die Vorverlegung des Rückflugs um 11 Stunden bei einer 7tägigen Flugreise stellt einen Reisemangel dar und berechtigt zur Reisepreisminderung für den Tag, der durch die Verlegung verloren ging.
AG Bonn, Urteil vom 27.06.1996, Az. 18 C 14/96 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: “AG Bonn 18 C 14/96 reise-recht-wiki.de“)
Minderungsanspruch verneint. Eine Vorverlegung des Abfluges um 5 Stunden ist nicht als Beförderungsmangel zu qualifizieren und berechtigt daher nicht zur Reisepreisminderung. Bei Charterflügen ist nach Ansicht des Gerichtes eine Flugzeitenverspätung von bis zu 8 Stunden zu tolerieren.
Aus den Urteilen lässt sich entnehmen, dass ein Reisemangel grundsätzlich tatsächlich erst ab einer Flugzeitenverschiebung von 8 Stunden angenommen werden kann. Diese Grenze wurde in Ihrem Fall nicht erreicht. Allerdings sollten Sie immer berücksichtigen, dass diese Urteile nur als Orientierung dienen und jeder Fall immer individuell betrachtet werden muss. Sie könnten daher darüber nachdenken, ob Sie nicht einen Anwalt für Reiserecht zu Rate ziehen wollen, um eine genauere Beurteilung zu erhalten.
Liegt ein Reisemangel vor, ergeben sich die Gewährleistungsrechte dann aus § 651 i Abs. 3.
Gegen die Fluggesellschaft:
Gegenüber der Fluggesellschaft ergeben sich bei einer Annullierung oder großen Verspätung Rechte aus der EU-Fluggastrechte Verordnung.
Da in Ihrem Fall eine Verspätung von mehr als 3 Stunden vorliegt, ist von einer großen Verspätung auszugehen und Ansprüche ergeben sich dann aus Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechteverordnung:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten (...) und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet (...)
Wie Sie schon richtig festgestellt haben, entfällt Ihr Anspruch auf Ausgleichszahlungen jedoch gemäß Artikel 5 Absatz 1 c) i) der VO Nr. 261/2004 , da Sie früher als 2 Wochen vor Abflug über die Änderung informiert wurden.
Allerdings fragen Sie nun nach einer Verpflegung für die extra 7 Stunden. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 9 Absatz 1 a) VO Nr. 261/2004:
Art. 9 Anspruch auf Betreuungsleistungen. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit,
Die Fluggesellschaft muss Ihnen also auf jeden Fall Verpflegung für die 7 Stunden gewährleisten.
Bezüglich aller anderen Rechte erscheint es für mich, aufgrund der Komplexität des Sachverhalts sinnvoll, einen Anwalt für Reiserecht zu Rate zu ziehen.