Sie haben einen Flug von Addis Ababa über Wien nach München gebucht. Der erste Flug wurde von Ethiopian Airlines durchgeführt. Der zweite von Austrian Airlines. Nun verpassten Sie den zweiten Flug, da die Umsteigezeit zu gering bemessen war.
Sie fragen nun nach Ihren Ansprüchen. Mögliche Ansprüche ergeben sich aus der Europäischen Fluggastrechte Verordnung. Diese kommen aber nur in Betracht, wenn Sie einen Gesamtflug gebucht haben, also beide Flüge zusammen.
Außerdem muss die Verordnung auch anwendbar sein. Das könnte problematisch sein, da Ihr erster Flug außerhalb der EU gestartet ist und auch nicht von einer Europäischen Fluggesellschaft durchgeführt wurde. Der Anwendungsbereich ergibt sich aus Art. 3 Anwendungsbereich:
"(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten."
Ich gehe daher davon aus, dass die Fluggastrechte Verordnung nur dann anwendbar ist, wenn Sie den Flug als Gesamtflug bei Austrian Airlines gebucht haben.
Falls das der Fall ist, könnte Sie aufgrund der Ankunftsverspätung einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 haben. Denn entscheidend ist alleine, ob Sie mit einer Verspätung angekommen sind:
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ Az.: C-452/13 8 reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Sie sind mit einer Verspätung von 6 Stunden in München angekommen. Das stellt eine große Verspätung dar:
AG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2011, Az: 27 C 5060/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „Az: 27 C 5060/10 reise-recht-wiki“)
Bei einer großen Verspätung steht dem Fluggast wie bei einer Annullierung des Fluges ein Anspruch auf eine Ausgleichzahlung nach Art. 7 EG-VO Nr. 261/2004 zu, sofern er sein Endziel nicht früher als drei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit erreicht.
Sie könnten also einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gegen die Fluggesellschaft haben. Die Höhe Ihres Anspruchs ergibt sich aus Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechte Verordnung.
"Artikel 7 Ausgleichsanspruch. (1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlung in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen."
Das gilt aber nur dann, wenn die Umsteigezeit auch tatsächlich zu gering war und es nicht Ihre Schuld war, dass der Flug verpasst wurde. Dazu folgendes Urteil:
AG Hannover, Urt. v. 14.03.2017, Az: 523 C 12833/16 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 523 C 12833/16 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Das Flugunternehmen ist hinsichtlich ausreichender Umstiegzeit beweisbelastet.
Die Fluggesellschaft muss also nachweisen, dass die Umsteigezeit ausreichend war. Falls Sie das nicht können, haben Sie meines Erachtens einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen.
Weil es sich hierbei allerdings nur um meine persönliche Einschätzung handelt und kein Rechtsrat darstellen soll, empfehle ich jedoch das Einschalten eines Anwalts.