Sie haben einen Flug von Brasilien nach Frankfurt wahrgenommen. Bei diesem kam es nun zu einer Verspätung von 22 Stunden. Sie fragen nun nach Ihren Ansprüchen.
Im Fall von Flugverspätungen oder Flugannullierungen ergeben sich mögliche Ansprüche aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung. Diese beinhaltet dann eine pauschalisierte Ausgleichsentschädigung aus Art. 7 VO Nr. 261/2004.
Fraglich ist jedoch zunächst, ob diese in Ihrem Fall überhaupt anwendbar ist. Der Anwendungsbereich der Verordnung 261/2004 ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung.
"Artikel 3
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten."
Sie geben an, dass Sie mit einer Fluggesellschaft außerhalb der Gemeinschaft geflogen sind. Desweiteren befindet sich der Abflughafen in Ihrem Fall in Brasilien, also außerhab der EU. Die Europäische Fluggastrechte Verordnung ist in Ihrem Fall also leider nicht anwendbar. So auch folgendes Urteil:
BGH, Urt. v. 13.11.2012, Az: X ZR 12/12 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: X ZR 12/12 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Die Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) ist, gemäß Art. 3 Abs. 1a, auf Flüge außerhalb der Europäischen Union nicht anwendbar.
Ansprüche könnten sich aber aus dem Montrealer Übereinkommen ergeben. Hier ist Art. 19 MÜ entscheidend:
"Art. 19 Montrealer Übereinkommen
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder Ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen."
Dem Fluggast steht also bei einer Verspätung ein Anspruch auf die Erstattung des gesamten Schadens zu, welcher durch diese entstanden ist. Anders als Art. 7 VO Nr. 261/2004 beinhaltet das Montrealer Übereinkommen also keinen pauschalen Ausgleichsanspruch, sondern gewährleistet nur eine Erstattung konkret entstandener finanzieller Einbußen. Sie haben meines Erachtens also keinen Anspruch auf die 600 EUR, die Ihnen nach der EU-Fluggastrechteverordnung zustehen würden, sondern nur einen Anspruch auf tatsächliche finanzielle Kosten, wie zum Beispiel Kosten für Transfer, Unterkunft oder Verpflegung.
Bitte beachten Sie aber, dass dieser Beitrag nur eine Rechtseinschätzung darstellt und keine Rechtsberatung. Eine solche können Ihnen nur Fachanwälte geben.