Sehr geehrte/r Fragesteller/in,
um Ihre Frage zu beantworten, müssen mehrere Dinge geklärt werden:
Wie weit gilt die EU-Fluggastrechteverordnung bei einer Verspätung über die Grenzen Europas hinaus – und wodurch entstand hier die Verspätung?
Die EU-Fluggastrechteverordnung gilt grundsätzlich bei allen Verspätungen, die durch Flüge aus dem Gebiet der EU heraus entstehen. Sie schildern, dass die Verspätung des innereuropäischen Fluges von Bremen nach Amsterdam 8 Stunden betrug. Da ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung ab einer Verspätung von 3 Stunden vorliegt, haben Sie diesen Anspruch auf jeden Fall. Die Fluggesellschaft behauptet nun, dass nur ein Anspruch über 250€ vorliegen kann, weil die Flugstrecke zwischen Bremen und Amsterdam weniger als 1500km beträgt. Allerdings kommt es hierbei auf die Verspätung der kompletten Flugreise an – also von Bremen nach Vancouver. Weiterhin kommt es darauf an, wer für diese gesamte Verspätung verantwortlich ist. So wie Sie den Fall schildern, liegt die Verantwortung bei KLM, denn erst durch diese Verspätung entstand überhaupt das Problem, dass Flüge umgebucht werden mussten und die Verspätung noch größer wurde. KLM muss daher die Verantwortung für die komplette Flugreise übernehmen und eine entsprechende Ausgleichszahlung für die Strecke von Bremen nach Vancouver leisten. Da diese mehr als 6000 km beträgt, haben Sie daher einen Anspruch auf 600 €.
Wie Sie sehen, kommt es in diesem Fall nicht darauf an, dass die anderen Flüge von Delta durchgeführt wurden oder dass dies im Code-Sharing-Verfahren geschehen ist. Dennoch der Vollständigkeit halber: Im Fall des Code-Sharings kommt es darauf an, welches Luftfahrtunternehmen den Flug tatsächlich ausführt, bei dem die Verspätung entsteht. Bei einem Code-Sharing-Flug, also einem Flug, bei dem sich mehrere Unternehmen eine Flugnummer teilen, ist das tatsächlich durchführende Unternehmen für einen Teil der Strecke immer das, welches das Flugzeug für diesen Teil zur Verfügung stellt. Hier entstand die Verspätung auf dem ersten Flug. Da dieser nach Ihrer Schilderung durch KLM durchgeführt wurde, hat KLM auch nach dieser Betrachtung hier die Verantwortung für die Verspätung.
Gerichtsentscheidungen für die einzelnen Aspekte Ihres Falls:
Verspätung:
LG Berlin, Urteil vom 15.10.2013, Az. 54 S 22/13
(zu finden über die Google-Suche "54 S 22/13 reise-recht-wiki")
Das Gericht entschied, dass bei einer Verspätung einer Flugreise die Gesamtverspätung am Ende zu berücksichtigen ist, da nur die Ankunft am Ziel und nicht an Zwischenflughäfen der eigentliche Sinn einer Flugreise ist.
BGH Karlsruhe, Urteil vom 07.05.2013, Az. X ZR 127/11
(zu finden über die Google-Suche "X ZR 127/11 reise-recht-wiki")
Zu dem gleichen Ergebnis kam schon etwas früher der BGH. Zudem entschied er, dass dies auch für Flüge gilt, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, also für Flüge außerhalb der EU.
Code-Sharing:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 26.11.2009, Az. Xa ZR 132/08
(zu finden über die Google-Suche "Xa ZR 132/08 reise-recht-wiki")
Der BGH entschied, dass bei einem Code-Sharing-Flug immer das tatsächlich ausführende Flugunternehmen für Verspätungen auf dem jeweiligen Teilstück verantwortlich ist. „Tatsächlich ausführend“ ist ein Flugunternehmen, wenn es das Flugzeug für einen Flug zur Verfügung stellt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.