Hallo,
Am Flughafen traf die Maschine erst mit über 7 Stunden Verspätung ein. Die Leute der Fluggesellschaft am Flughafen sagten Ihnen mehrere Male, dass die Maschine verspätete eintrifft, weil ein Ersatzteile erst von einem anderen Flughafen eingeflogen werden muss, die Maschine dann repariert werden muss und dann erst starten und losfliegen kann. Genau das gleiche hat die Fluggesellschaft auch erst durch den Kundenservice mitteilen lassen und Ihnen 250 EUR als Gutschein angeboten. Man hat sich sogar für die Flugverspätung entschuldigt. Das ist doch ein klares Schuldeingeständnis! Und jetzt argumentieren die Anwälte der Fluggesellschaft plötzlich, dass ein Vogelschlag auf dem Vorflug kausale Ursache der Flugverspätung wäre.
Zunächst ist festzustellen, dass dem Fluggast durchaus ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung zusteht, wenn der Flug Verspätung hatte.
Die Höhe dieser Ausgleichszahlungen bemisst sich nach der Entfernung wie folgt.
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Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
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Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
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Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Ein solcher Anspruch auf Ausgleichszahlungen kann tatsächlich entfallen. Jedoch nur, wenn die Verspätung auf einem außergewöhnlichen Umstand beruht. Schlechte Wetterbedingungen oder ein Streik des Bodenpersonals kann ein solcher außergewöhnlicher Umstand sein.
Nun wurde Ihnen zunächst als Grund genannt, dass die Maschine repariert werden muss. Es ist also von einem technsichen Defekt auszugehen. Ein solcher stellt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der europäischen Fluggastrechte Verordnung dar.
Beachten Sie dazu bitte auch die folgenden Urteile:
EuGH, Urteil vom 22.12.2008 – Az.: C 549/07 – (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst : " EuGH C 549/07 reise-recht-wiki.de“)
Ein bei einem Flugzeug aufgetretenes technisches Problem, das zur Annullierung eines Fluges führt, fällt nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne der VO 261/2004, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.
Allein der Umstand, dass ein Luftfahrtunternehmen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindesterfordernisse an Wartungsarbeiten an einem Flugzeug durchgeführt hat, reicht nicht für den Nachweis, dass dieses Unternehmen „alle zumutbaren Maßnahmen“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 ergriffen hat
LG Darmstadt, Urteil vom 01.08.2007 – Az.: 21 S 263/06 – (ganz einfach zu finden,wenn Du bei Google eingibst: " LG Darmstadt 21 S 263/06 reise-recht-wiki.de“)
Aus Erwägungsgrund14 zur Verordnung (EG) Nr.261/2004 geht hervor, dass als außergewöhnliche Umstände nur solche in Betracht kämen, die außerhalb des direkten Einfluss- und Organisationsbereichs des Flugunternehmens liegen: Die darin aufgeführten Beispiele zeigen, dass es sich hierbei grundsätzlich um Einflussfaktoren handelt, deren Entstehung außerhalb des organisatorischen und technischen Verantwortungsbereiches des Flugunternehmers liegt, die also von diesem nicht beeinflusst und demzufolge auch nicht abgewendet werden können und außerhalb der sogenannten Betriebsgefahr des Fluggerätes liegen.
Technische Defekte des Fluggerätes, die Flugsicherheitsmängel verursachen, fallen daher nur dann in den Anwendungsbereich des Art.5 III Verordnung (EG) Nr.261/2004, wenn sie auf derartige äußere Einflüsse zurückzuführen sind, also etwa witterungsbedingte Defekte (z.B. durch Blitzschlag, Hagel u.ä.), Defekte durch unautorisierte Eingriffe von betriebsfremden Dritten (z.B. Terroranschläge, durch den Fluggast selbst herbeigeführte Beschädigungen u.ä.) oder sonstige vergleichbare Umstände (z.B. Vogelschlag).
LG Darmstadt, Urt. v. 20.7.2011 – 7 S 46/11 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " LG Darmstadt 7 S 46/11 reise-recht-wiki.de")
Für das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände” ist – unabhängig von der Kategorisierung als „technischer Defekt” oder „unerwarteter Sicherheitsmangel” – entscheidend, ob das zugrundeliegende Geschehen ein typisches und in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit vorkommendes Ereignis darstellt oder ob es der Beherrschbarkeit der Fluggesellschaft völlig entzogen ist.
Allein die Seltenheit eines derartigen Defekts und/oder der zeitliche bzw. logistische Aufwand zur Beseitigung dieses Mangels, vor dessen Behebung offenbar aus zwingenden Sicherheitsgründen nicht gestartet werden durfte, entlastet den Luftfrachtführer nach Art. 5 Abs. 3 VO nicht.
AG Köln, Urt. v. 5.4.2006 - 118 C 595/05 (ganz einfach zu finden, wenn Du bei Google eingibst: " AG Köln 118 C 595/05 reise-recht-wiki.de")
Auch wenn ein technisches Problem als ein „außerordentlicher Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 angesehen wird, muss das Luftfahrtunternehmen substantiiert vortragen, woraus sich ergeben könnte, dass der angegebene technische Defekt unerwartet und unvermeidbar gewesen ist. Die Behauptung, das streitbefangene Flugzeug sei regelmäßig gewartet worden, ist ersichtlich zu pauschal gehalten, um die gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 erforderliche Exkulpation bewirken zu können.
Auf einen technischen Defekt kann sich die Fluggesellschaft nicht berufen, um sich von der Zahlung der Ausgleichszahlungen zu befreien.
Nun hat die Fluggesellschaft Ihre Aussage geändert und nennt als Grund einen Vogelschlag für die Verspätung.
Zunächst einmal muss ich Ihnen Recht geben, dass die doppelte Aussage, es lege ein technischer Defekt vor, auh so zu verstehen ist. Auch das Ihnen bereits ein Gutschein angeboten wurde, legt nahe, dass die Fluggesellschaft tatsächlich Ihre Schuld anerkennt und einsieht.
Beachten Sie bitte, dass Sie nicht beweisen müssen. Hier liegt eine Beweislastumkehr vor. Dies bedeutet, dass gerade die Fluggesellschaft beweisen muss, dass nun doch ein Vogelschlag vorliegt. Das dürfte verhältnismäßig schwer sein, wenn tatsächlich ein technischer Defekt vorlag.
Sie sollten einen Anwalt hinzuziehen und Ihren Anspruch geltend machen. Dann muss die Fluggesellschaft tatsächlich beweisen, dass ein Vogelschalg vorlag. WIrd Sie dies nicht können, muss SIe Ihnen die AUsgleichszahlungen leisten. Verwenden SIe als Beweis auch die Email in der Ihnen schriftlich bestätigt wurde, dass ein technischer Defekt vorlag.
Lassen Sie sich also nicht von diesem pauschalen Verweis auf einen Vogelschlag abschrecken und machen Sie Ihren Anspruch geltend.