Guten Tag,
Ansprüche wegen des verpassten Fluges ergeben sich für Sie aus der EU-Fluggastrechteverordnung.
Diese sieht eine Ausgleichszahlung vor, wenn ein Flug mehr als drei Stunden verspätet ist. Zwar war Ihr erster Flug lediglich etwa über eine Stunde zu spät, allerdings ist nur die Verspätung am Endziel des Fluges entscheidend – wo Sie erst am nächsten Morgen ankamen. Damit ist der Weg für eine Ausgleichszahlung eröffnet. Der Betrag der Ausgleichszahlung bemisst sich nach der Entfernung des Fluges, bei einem Flug von Düsseldorf nach Tel Aviv betrüge die Ausgleichszahlung 600€ pro Person.
Gegen eine Ausgleichszahlung kann nur sprechen, dass außergewöhnliche Umstände vorgelegen haben könnten, die der Grund für die Verspätung waren. Da der Grund aber offenbar organisatorische Schwächen bei der Beladung des Flugzeuges waren, ist ein außergewöhnlicher Umstand wohl nicht erkennbar.
Gegen wen sich die Ausgleichszahlung richten soll, ist von den Modalitäten Ihres Flugvertrages abhängig. Normalerweise soll sich der Anspruch gegen die Airline richten, die den Flug auch tatsächlich durchgeführt hatte (etwa auch bei Code-Sharing-Flügen) – dies wäre in Ihrem Fall Germanwings. Eine Ausnahme besteht jedoch in dem Fall, dass eine Airline eine andere damit beauftragt hatte, für sie einen Flug durchzuführen. In solchen Fällen übernimmt die erste Airline die Verantwortung für alles, was ihre beauftragte Airline tut, also auch für Verspätungen oder Flugausfälle. In Ihrem Fall scheint genau dieser Fall eingetreten zu sein, weswegen sich Ihre Ansprüche gegen Lufthansa richten würden.
Zudem kommt ein Anspruch auf Schadensersatz wegen des verpassten Arbeitstages nach Art. 17 des Montrealer Übereinkommens (MÜ) in Betracht. Für alle Schäden bis zu einer Obergrenze von etwa 5300€ muss dabei Lufthansa aufkommen, sofern die Airline nicht widerlegen kann, dass die Verspätung trotz aller zumutbaren Maßnahmen eingetreten ist und somit nicht verhindert werden konnte.
Beachten Sie jedoch, dass Sie einen konkreten Schaden benennen müssen. Es reicht also nicht, pauschal einen verlorenen Arbeitstag gegenüber der Lufthansa anzugeben, Sie müssen belegen können, aus welchen Gründen und in welcher Höhe Ihnen ein Schaden entstanden ist. Insbesondere müssen Sie darlegen können, dass dieser Schaden gerade wegen der Verspätung entstand – bei verpassten Terminen wird dies leichter zu belegen sein als bei genereller Nichtanwesenheit am Arbeitsplatz.
Bedenken Sie zudem, dass gemäß Art. 12 die Ausgleichsleistung in Höhe von 600€ auf den Schadensersatzanspruch angerechnet würde – Sie können also nicht beide Beträge gleichzeitig erhalten.
Urteile:
EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az. C-402/07
Passagiere haben wie bei einer Annullierung auch bei einer großen Verspätung einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung. Die Verspätung muss hierbei mindestens drei Stunden am Zielort betragen. Die Höhe der Ausgleichszahlung richtet sich nach der insgesamt zurückgelegten Flugstrecke und beträgt zwischen 250 und 600€.
AG Bremen, Urteil vom 18.01.2013, Az. 4 C 0516/11
(zu finden über die Google-Suche „4 C 0516/11 reise-recht-wiki“)
Grundsätzlich müssen sich Fluggäste wegen ihrer Ansprüche immer an das Unternehmen wenden, welches den betroffenen Flug tatsächlich durchgeführt hatte. Dies ist jedoch dann anders, wenn das tatsächlich ausführende Unternehmen von einer anderen Airline hierzu beauftragt worden war – in solchen Fällen müssen Passagiere ihre Forderungen gegen das beauftragende Unternehmen richten (so auch AG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.03.2012, Az. 31 C 2809/12(78)).