Lieber Fragensteller,
die von Ihnen gestellten Fragen würde ich gern wie folgt beantworten.
1. Schadenersatzanspruch der Airline aufgrund der Sitzplatzreservierung
In einem Fall wie Ihrem, kommt zunächst ein Schadenersatzanspruch gem. Art. 19 des Übereinkommens von Montreal in Betracht. Hiernach muss der Luftfrachtführer dem Fluggast denjenigen Schaden ersetzten, der diesem durch die verspätete Beförderung entstanden ist.
Voraussetzungen für einen solchen Anspruch sind:
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das Vorliegen einer Verspätung im Sinne des MÜ. Dies ist in Ihrem Fall bei einer Verspätung des Fluges unzweifelhaft gegeben.
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Verschulden des Luftfrachtführers. Ein solches Verschulden ist gem. Art. 19 Satz 2 MÜ dann nicht gegeben, wenn der Luftfrachtführer nachweisen kann, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens ergriffen haben bzw. es ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen. Daher wäre es in Ihrem Fall wichtig zu wissen, wieso es zu der Verspätung Ihres Fluges gekommen ist und ob Air Berlin die Verspätung hätte vermeiden können.
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Entstehung eines Schadens. Als Schaden in diesem Sinne kommen grundsätzlich nur solche Schäden in Betracht, die allein aufgrund der Verspätung entstanden sind. In Ihrem Fall können die Kosten für die Sitzplatzreservierung ohne eine Gegenleistung hierfür erhalten zu haben einen solchen Verspätungsschaden darstellen. Denn in Ihrem Fall ist der Schaden (= Kosten für eine Nichtinanspruchnahme einer Sitzplatzreservierung) allein dadurch entstanden, dass der Flug verspätet war und Sie dadurch auf einen anderen Flug umgebucht werden mussten.
D.h. für Ihren Fall, dass Sie einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Sitzplatzreservierung gegen Air Berlin gem. Art. 19 MÜ haben, wenn die Airline nicht nachweisen kann, dass sie für die Verspätung kein Verschulden trifft. Vergleiche hierzu u.a. das Urteil des AG Rüsselsheim, AZ: 3 C 109/06 (33) (bei Google nachzulesen unter "Reise-Recht-Wiki 3 C 109/06 (33)")
2. Welche Airline ist Anspruchsgegner für den Schadenersatz wegen der Kofferverspätung
Grundsätzlich ergibt sich in einem Fall wie Ihrem ein Anspruch auf Schadenersatz aufgrund einer Kofferverspätung ebenfalls aus Art. 19 des Übereinkommens von Montreal. Im Rahmen dieses Übereinkommens gibt es für einen solchen Fall grundsätzlich zwei mögliche Anspruchsgegner gegenüber den Sie als Fluggast ihren Anspruch geltend machen können: der ausführende und der vertragliche Luftfrachtführer.
Vertraglicher Luftfrachtführer ist diejenige Airline, bei der Sie die Flugtickets gebucht haben und somit mit der Sie den Luftbeförderungsvertrag geschlossen haben. In diesem Fall Air Berlin. Ausführender Luftfrachtführer ist hingegen diejenige Airline, mit der kein Beförderungsvertrag geschlossen wurde, die jedoch trotzdem den Flug tatsächlich durchgeführt hat. In ihrem Fall ist dies für den ersten Flugabschnitt auch Air Berlin. Für den zweiten Flug Alitalia.
Das Übereinkommen regelt für einen solchen Fall, in dem ausführender und vertraglicher Luftfrachtführer verschieden ist, dass der Fluggast grundsätzlich seinen Anspruch sowohl gegen den ausführenden als auch den vertraglichen Luftfrachtführer geltend machen kann. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass der Reisende für den Fall, dass er den ausführenden Luftfrachtführer in Anspruch nehmen will, nachweisen muss, dass der Schaden auf dem von ihm durchgeführten Flugabschnitt aufgetreten ist. D.h. für Ihren Fall, dass Sie nachweisen müssten, dass der Koffer auf dem Flugabschnitt Mailand Rom und nicht schon vorher abhanden gekommen ist. Da dies in den meisten Fällen wohl kaum möglich ist, empfehle ich Ihnen, sich bezüglich dieses Anspruches an ihren Vertragspartner Air Berlin zu halten.
3. Länge der Nachlieferungsdauer
Im Bezug auf die Frage, wie lange eine Airline brauchen darf, um verloren gegangenes Gepäck nachzuliefern ist grundsätzlich zu sagen, dass das MÜ selbst hierfür keine Antwort bereit hält. Allerdings kann man sagen, dass nach allgemeinen Zivilrecht die Airline erst dann ein weiteres Verschulden für die Länge Dauer der Nachlieferung trifft, wenn sie länger für die Nachlieferung braucht, als dies ein sorgfältiger Luftfrachtführer in der gleichen Situation brauchen würde. Dafür ist natürlich keine feste Zeitgrenze gegeben. Allerdings ist es meiner Meinung nach nicht ungewöhnlich, dass eine solche Nachlieferung einige Tage in Anspruch nehmen kann.
4. Schadenersatz für zwei verloren gegangene Urlaubstage
Grundsätzlich gibt es nach allgemeinen Reisevertragsrecht gem. §651 f Abs. 2 BGB die Möglichkeit Schadenersatz für vertane Urlaubsfreuden zu verlangen. Dies kommt auch im Rahmen einer Gepäckverspätung in Betracht. Allerdings ist hierfür Voraussetzung, dass die Gepäckverspätung auf einem Flug eingetreten ist, der Teil einer Pauschalreise ist, d.h. eine Reise bei der mehrere Reiseleistungen zusammen bei einem Reiseveranstalter gebucht wurden. Ihrer Schilderung entnehme ich jedoch, dass Sie den betreffenden Flug jedoch separat direkt bei Air Berlin gebucht haben. In einem solchen Fall liegt jedoch ein Nur-Flug und keine Pauschalreise vor. Im Rahmen eines solchen Nur-Fluges gibt es jedoch grundsätzlich keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen vertaner Urlaubsfreuden.
5. Schadenersatz für entstandene Telefonkosten
So wie Sie in Ihrem Fall die Kosten für die Sitzplatzreservierung gem. Art. 19 MÜ als Verspätungsschaden von Air Berlin ersetzt verlangen können, können Sie auch die Telefonkosten ersetzt verlangen. Denn bei diesen Kosten handelt es sich um einen typischen Verspätungsschaden, der von der Airline zu ersetzten ist.