Guten Tag,
Air Berlin hat leider im Januar Ihren Koffer verloren. Sie wurden nun zum wiederholten Mal um die Belege für die im Koffer befindlichen Gegenstände gebeten, und fragen sich, ob eine geldwerte Entschädigung nicht auch ohne Belege möglich ist.
Bei einem Gepäckverlust ist ein Blick in das Montrealer Übereinkommen zu werfen, und zwar in Artikel 17 Absatz 2 MÜ:
(2) Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Der Luftfrachtführer haftet jedoch nicht, wenn und soweit der Schaden auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist. Bei nicht aufgegebenem Reisegepäck, einschließlich persönlicher Gegenstände, haftet der Luftfrachtführer, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az.: 29 C 2518/12(19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki.de")
Der zu ersetzende Schaden besteht u.a. aus den notwendigen Ausgaben, die getätigt wurden, um das fehlende Gepäck auszugleichen. Die Notwendigkeit muss jeweils nachgewiesen werden.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki.de")
Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen.
Der Tatbestand ist unproblematisch erfüllt - Ihr Koffer ging ja leider verloren. Ein Schaden ist Ihnen daher meiner Meinung nach zu ersetzen. Die mögliche Höchstumme des zu ersetzenden Schadens richtet sich dabei nach Artikel 22 Absatz 2 MÜ und betragt 1131 Sonderentziehungsrechte, was etwa 1400 Euro sind.
Fraglich ist weiter, wie Sie Ihren Schaden genau nachzuweisen haben, das heißt, ob Quittungen erforderlich sind. Hilfreich wäre dies natürlich, und die Meinungen was dies anbelangt gehen auseinander - ist diese Frage gesetzlich auch nicht beantwortet. Sie haben offenbar keine Quittungen zum Kofferinhalt, könnten sich aber auf Zeugen berufen. Es ist klar und lebensnah, dass vielleicht einige aber schon gar nicht alle in einem Koffer befindlichen Gegenstände mit einer Quittung belegt werden können - dies wird vermutlich auch ein Richter, sollte es zu einem Prozess kommen, so nachvollziehen können.
Sie haben Ihren Koffer in die Obhut der Fluggesellschaft gegeben, und auf eine ordungsgemäße Beförderung vertraut. Dass der Mangel an Quittungen die Haftbarkeit und Schadensersatzpflicht einer Fluggesellschaft meiner Meinung nach nicht aufheben kann soll auch dieses Urteil noch einmal verdeutlichen:
OLG Köln, Urteil vom 15.02.2005, Az: 22 U 145/04 (einfach für Sie zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: OLG Köln 22 U 145/04 „reise-recht-wiki.de)
Hier haben die Richter zugunsten des Fluggastes entschieden. Dieser musste unter dem Verlust seiner Kameraausrüstung, durch das ausführende Luftfahrtunternehmen, leiden. Die Richter verpflichteten die Airline zur Zahlung des vollumfänglichen Schadensersatzes über 5.248,41 Euro.