Guten Tag,
es stimmt, dass es Pläne der EU-Kommission gibt, die EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 zu reformieren. Dies würde nach den bisher bekannten Plänen auch beinhalten, dass Ausgleichsleistungen wegen einer Flugverspätung nicht mehr bei einer Verspätung von mindestens drei Stunden, sondern je nach Distanz erst ab fünf, neun oder sogar 12 Stunden gefordert werden könnten. Weiterhin könnten auch die Unterstützungsleistungen, insbesondere die Hotelunterbringung bei mehrtägiger Wartezeit, zu Ungunsten der Fluggäste reformiert werden.
Allerdings gibt es bis jetzt nur diese Planungen. Es ist weder eine konkrete Umsetzung abzusehen noch kann man eine formulierte „neue“ Verordnung einsehen, da diese nicht existiert. Eine spätere Umsetzung dieser Pläne ist natürlich nicht ausgeschlossen, bis dahin gilt aber nach wie vor die bisher geltende Verordnung Nr. 261/2004. Nach dieser Verordnung bemessen sich daher auch die Ansprüche, die Sie in Ihrem Fall haben.
Wie sehen diese aus?
Ihr ursprünglicher Flug war „lediglich“ um knapp zwei Stunden verspätet. Dies reicht für eine Ausgleichszahlung normalerweise nicht aus. Worauf es jedoch ankommt, ist, dass Sie wegen dieser Verspätung ihren Anschlussflug verpasst haben und daher am Endziel Ihres Fluges insgesamt fünf Stunden zu spät ankamen. Dies reicht für einen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung in Höhe von 250€ pro Ticket aus. Dagegen könnten allenfalls außergewöhnliche Umstände sprechen, auf die sich ein Luftfahrtunternehmen berufen kann, diese müsste es jedoch belegen.
Auch die übrigen Ansprüche, die Sie bei einer Verspätung eines Fluges haben, bleiben deswegen gleich. Diese sind gemäß Art. 9 der VO 261/2004:
- Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit
- Hotelunterbringung, falls ein unfreiwilliger Aufenthalt über Nacht notwendig ist inklusive Beförderung zu diesem Hotel
- die Möglichkeit, gratis zwei Telefongespräche, E-Mails, Telexe oder Faxe zu verschicken
Alle weiteren Möglichkeiten durch die Verordnung, etwa bei Annullierung eines Fluges, bleiben Fluggästen natürlich ebenfalls bestehen.
Also: Lassen Sie sich nicht durch Meldungen verunsichern, dass „bald“ eine Reform der EU-Fluggastrechteverordnung zu erwarten sei. Niemand kann sagen, wann dies passieren wird und solange das der Fall ist, sind auch alle Fälle nach der bisher geltenden Verordnung Nr. 261/2004 zu behandeln.
Urteile zur bisherigen und bis auf weiteres künftigen Rechtslage:
EuGH Luxemburg – Urteil vom 19.11.2009, Az. C-402/07
(zu finden mit der Google-Suche unter „C-402/07 reise-recht-wiki“)
Liegt eine große Verspätung ab drei Stunden vor, so sind die betroffenen Passagiere bei der Frage nach möglichen Ausgleichleistungen genau so zu behandeln, als wäre ihr Flug annulliert worden. Sie haben daher ebenfalls einen Anspruch auf einen streckenabhängige Ausgleichszahlung.
EuGH Luxemburg – Urteil vom 26.02.2013, Az. C-11/11
(zu finden mit der Google-Suche unter „C-11/11 reise-recht-wiki“)
Liegt die Verspätung eines Fluges unterhalb der Grenze von drei Stunden, wird dadurch aber ein Anschlussflug verpasst, was zu einer Gesamtverspätung von über drei Stunden führt, so haben Fluggäste auch in diesem Fall einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen. Denn für Fluggäste ist entscheidend, wann sie am eigentlichen Ziel ankommen und nicht, wann sie an Zwischenstops sein werden.