Hallo,
beim Luftbeförderungsrecht handelt es sich um eine sehr komplizierte Rechtsmaterie, weil es Regelungen auf globaler Ebene (Montrealer Übereinkommen), europäischer Ebene (Fluggastrechte-Verordnung) und auf nationaler Ebene gibt (Bürgerliches Gesetzbuch). Teils ergänzen sich diese Regelungen, teils schließen sie sich gegenseitig aus. Leider hast du bei deinem Beispiel kein Angaben zum Ort des Geschehens gemacht. Ohne diese Angaben kann man aber eigentlich nicht bestimmen, welche der oben genannten Ebenen Anwendung findet.
Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass es sich um einen innereuropäischen Flug handelt. Zunächst sprichst du von einer Annullierung. Diese ist nicht im Montrealer Übereinkommen geregelt, daher findet dieses schon mal keine Anwendung. Das kannst du auch nachlesen, zum Beispiel in einer Entscheidung des OLG Frankfurt vom 17.06.2014, ganz einfach zu finden, wenn du 16 U 177/13 reise-recht-wiki.de googelst. Die Annullierung ist aber in der Fluggastrechte-VO geregelt. Dabei handelt es sich um Europäisches Recht, das Anwendungsvorrang vor nationalem Recht hat. Ansprüche können sich also aus der Fluggastrechte-VO ergeben.
Im Falle einer Annullierung findet Artikel 5 der Verordnung Anwendung. Danach stehen dem betroffenen Fluggast mehrere Ansprüche nebeneinander zu, aus denen er wählen kann. Herr Beispiel scheint sich für den Anspruch aus Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b entschieden zu haben: Die „anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt“. Hoffentlich hat Herr Beispiel auch auf Kosten der Fluggesellschaft gegessen und getrunken, denn auch darauf hat er gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung einen Anspruch.
Schließlich hat er noch einen Anspruch auf „Ausgleichszahlung“ im Sinne von Artikel 7 der Verordnung. Hier muss er allerdings die Ausschlüsse beachten. Diese sind in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c geregelt. Danach kann ein Verbraucher unter anderem dann keine Ausgleichszahlungen gelten machen, wenn er oder sie über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet wurde und ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhalten hat, das es ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und das Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen. Da Herr Beispiel aber neun Stunden später als geplant ankommt, dürfte die Ausgleichszahlung aber nicht ausgeschlossen sein.
Die Höhe der Zahlung bemisst sich nach Entfernung der Strecke und danach, wo diese Strecke zurückgelegt wurde. Dazu kann ich deinem Post leider keine Angaben entnehmen. Allerdings war die Fluggesellschaft bereit, 250 € zu zahlen. Das entspricht der Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a. Wenn Herr Beispiel eine Strecke von nicht mehr als 1500 km zurückgelegt hat, war diese Ausgleichszahlung angemessen. Wenn er eine längere Strecke zurückgelegt hat, sollte er dies auch gelten machen, denn Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b, c gibt einen höheren Anspruch. So wie ich es sehe, kann er aber nicht noch eine Art „Schadensersatz“ für den ursprünglichen Flug geltend machen. Ich hoffe, ich konnte dir helfen.