Du wolltest nach Mallorca fliegen. Leider wurde dein Flug storniert, du wurdest umgebucht, und bist so etwa 27 Stunden später als eigentlich geplant gestartet und an deinem Zielort angekommen. Du fragst dich, ob du pro storniertem Flug eine Ausgleichszahlung geltend machen kannst.
Ich würde beide Flüge getrennt voneinander betrachten.
Dein erster Flug könnte im Wege dieser Krankheitswelle annuliert worden sein. Dann können sich für dich Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung ergeben.
Eine Annulierung liegt dann vor, wenn der Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start aufgegeben wird. Dies ergibt sich aus einem Urteil des EuGH vom 13.10.2011 (Az.: C- 83/10, das Urteil ist leicht für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: EuGH 13.10.2011 Az.: C-83/10 reise-recht-wiki.de).
Es gab eine Krankheitswelle bei Airberlin, deshalb wurde euer Flug storniert - er konnte nicht so durchgeführt werden wie geplant. Ihr wurdet umgebucht. Darin ist meiner Meinung nach im Sinne dieses Urteils eine Annulierung zu sehen.
Damit kommen wir wieder zur EU-VO. Denn Ansprüche bei einer Annulierung ergeben sich aus Artikel 5 EU-VO:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn (....)
Allerdings hast du eine Umbuchung angenommen. Ich denke, dass du deshalb Ansprüche auf Ausgleichszahlungen für diese Annulierung verloren haben könntest. Das kommt aber darauf an:
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,
i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
ii) sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder
iii) sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Nach diesem Artikel 5 und (1) c) könnten eventuelle Ansprüche auf Ausgleichszahlungen aus diesem Artikel entfallen, falls du früh genug über die Annulierung informiert worden bist. Du schreibst, dass dein Flug im Oktober gehen sollte, und du bist scheinbar auch im Oktober informiert worden. Leider schreibst du keine genauen Daten. Falls du aber mehr als 2 Wochen im Voraus informiert worden bist, dann entfallen Ansprüche aus Artikel 7 auf Ausgleichszahlungen für dich, nach denen du gefragt hast. In den Fällen von ii) und iii) müsste dir ein Alternativflug angeboten werden, der es dir ermöglicht in einem bestimmten Zeitfenster von nicht mehr als 2 Stunden an deinem Zielort anzukommen - dies scheint bei dir bei einer Verspätung von 27 Stunden schon einmal nicht vorzuliegen. Wenn einer der Fälle von ii) und iii) vorliegt, dann könntest du einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben, da das Zeitfenster nicht eingehalten wurde. Dann hilft Artikel 7 EU-VO weiter:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Danach bemisst sich die Höhe der Ausgleichszahlungen. Falls du mehr als 2 Wochen im Voraus informiert wurdest und dich die Airline daraufhin umbuchte, dann hast du eher keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Artikel 7 EU-VO.
Nun zu deinem zweiten Flug, mit dem du mit einer Verspätung von 27 Stunden an deinem Zielort angekommen bist. Nach einem Urteil des EuGH vom 04.09.2014 (Az.: C 452/13, einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: EuGH Az.: C 452/13 reise-recht-wiki-de) unterscheidet die EU-VO eine Flugverspätung in die Situationen der Abflugverzögerung oder der Ankunftsverspätung. Eine Abflugverzögerung ist die Verzögerung des Abflugs gegenüber der planmäßigen Abflugzeit. Meiner Meinung nach liegt solch eine bei dir vor, weil du meintest, dass du 20 Stunden später als geplant losgeflogen bist. Nach diesem Urteil haben Fluggäste, die eine große Verspätung von drei oder mehr Stunden erleiden, für diesen irreversiblen Zeitverlust einen Ausgleichsanspruch auf der Grundlage von Art. 7 der Fluggastrechtverordnung. Das heißt, siehe oben, auf derselben Grundlage aus Artikel 7 die sich auch aus Artikel 5 bei einer Annulierung ergibt.
Dabei ist zu beachten, dass es für die Zahlung der Ausgleichsleistung nur auf die Verspätung am Endziel von mindestens 3 Stunden ankommt. Dies ergibt sich aus einem Urteil des EuGH vom 26.02.2013 (einfach für dich zu finden, wenn du bei Google eingibst: EuGH 26.02.2013 Az.: C-11/11 reise-recht-wiki.de)
Meiner Meinung nach könnten wir möglicherweise Ansprüche auf Ausgleichszahlungen zustehen, und zwar für den ersten Flug je nachdem welcher zeitliche Rahmen bei der Stornierung vorlag, und für den zweiten Flug vielleicht aus Artikel 6 EU-VO über Verspätungen in Kombination mit dem was sich aus dem EuGH-Urteil ergibt. Dabei sei allerdings abschließend noch darauf hingewiesen, dass sich eine Fluggesellschaft von derlei Ansprüchen befreien kann, wenn sie nachweisen kann, das außergewöhnliche Umstände zu Annulierungen oder Verspätungen geführt haben, siehe Artikel 5 Absatz 3 EU-VO.