Du wolltest mit Air Canada von Ottawa nach London und wieder von London nach Stuttgart fliegen. Dein Rückflug wurde leider storniert, und du wurdest auf den darauffolgenden Tag mit British Airways umgebucht. Deshalb bist du mit 26 Stunden Verspätung gelandet.
Du hast deshalb ein paar Fragen. Vielleicht kann ich dir mit meiner Meinung weiterhelfen.
Ich könnte mir vorstellen, dass dir vielleicht Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung zukommen.
Dazu müsste aber zuerst einmal der Anwendungsbereich der EU-VO nach Artikel 3 eröffnet sein:
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten.
Einmal gilt diese Verordnung also, wenn man einen Flug im Gebiet eines Mitgliedsstaats antritt.
BGH, Urteile vom 13.11.2012, Az.: X ZR 12/12 und X ZR 14/12 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: BGH X ZR 12/12 und 14/12 reise-recht-wiki.de)
Der X. Zivilsenat des BGH entschied, dass die Ausgleichsansprüche nicht bestehen, da die Verspätung bei einem Anschlussflug eingetreten ist, den die jeweiligen Kläger außerhalb der Europäischen Union angetreten haben. Das Gericht stellte klar, dass die Anwendbarkeit der EU-Fluggastverordnung für jeden Flug gesondert zu prüfen ist, wenn eine Flugreise auch zwei oder mehr Flügen besteht, selbst wenn die Reise als einheitlicher Flug jeweils von einer Fluggesellschaft unter einer bestimmten Flugnummer angeboten wird.
Aus diesem Urteil geht hervor, dass bei einer Flugreise mit mehreren Flügen jeder Flug einzeln betrachtet werden soll.
Du hast deinen Flug in Ottawa Kanada angetreten und bist nach London gereist, von da aus ging es weiter nach Stuttgart. Betrachten wir beide Flüge einzeln. Probleme gab es mit der Verbindung von London nach Stuttgart.
Großbritannien ist ein Mitgliedsstaat. Dann wärst du von einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedsstaats gestartet, und der Anwendungsbereich könnte meiner Meinung nach nach Artikel 3 Absatz 1 a) eröffnet sein. Dabei ist es, siehe a), gleichgültig welche Airline diesen Flug bedient hat - ob nun Air Canada oder British Airways. Das könnte aber dann relevant sein, falls dir Ansprüche zustehen, und du dich fragst, wem gegenüber du sie geltend machen sollst.
Da du von einer Stornierung deines ursprünglichen Fluges sprichst denke ich zunächst an Artikel 5 EU-VO zu Annulierungen:
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,
b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten und im Fall einer anderweitigen Beförderung, wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit des neuen Fluges erst am Tag nach der planmäßigen Abflugzeit des annullierten Fluges liegt, Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn, (...)
Danach gibt es im Falle einer Annulierung Ansprüche aus Artikel 7, 8 und 9 EU-VO.
EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach für Sie zu finden, wenn Sie eingeben: EuGH C-83/10 reise-recht-wiki.de)
Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird.
Deine Airline Air Canada hat dich auf deine Nachfrage informiert, dass dein Flug von London nach Stuttgart storniert wurde. Du wurdest außerdem auf einen Flug am nächsten Tag umgebucht. Es scheint für mich deshalb so, dass dein ursprünglicher Flug nicht mehr durchgeführt werden sollte wie geplant. Eine Annulierung würde ich persönlich vermutlich annehmen.
Dann werden die in Artikel 5 genannten Artikel interessant.
> Nach Artikel 7 EU-VO kannst du Ansprüche auf Ausgleichszahlungen haben:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Solche Ausgleichszahlungen können aber auch entfallen. Und zwar einmal, wenn man früh genug über die Annulierung informiert wurde.
Fortsetzung folgt...