Hallo,
ihr Fall dreht sich um eine Flugannullierung wobei der betroffene Flug von Köln nach London aufgrund von Schneetreiben ausgefallen ist.
Daraufhin haben Sie sich einen Mietwagen genommen und sind nach Brüssel gefahren und von da aus mit einem Zug nach London gefahren. Nun möchte Ryanair Ihnen die Kosten dafür nicht mehr erstatten.
Die Möglichkeit in einem Hotel zu übernachten und einen Alternativflug zu nehmen, haben Sie ausgeschlagen.
Einschlägig ist hier wohl die europäische Fluggastrechteverordnung 261/2004, da es sich um eine Annullierung eines Fluges handelt. Dabei greift insbesondere Art. 5 der Verordnung, welcher auf verschiedene Optionen verweist. Danach haben Sie einen Anspruch auf Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (Art. 8 und 9), sowie auf Ausgleichsleistungen (Art. 7).
Bezüglich der Betreuungs- und Unterstützungsleistungen gilt hier zu sagen, dass sich die Airline diesbezüglich wohl richtig verhalten hat, da Ihnen eine Übernachtungsmöglichkeit und ebenso auch eine Alternative Flugverbindung angeboten wurde. Dies haben Sie ausgeschlagen, was auch Ihr gutes Recht war.
Bezüglich der Ausgleichsleistungen gilt zu sagen, dass diese pauschal je nach Flugstrecke gestaffelt werden:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Allerdings weist Ryanair diese Zahlungspflicht hier zurück, da am Londoner Flughafen wohl Probleme aufgrund von Schnee aufgetreten sind.
Auch in der Verordnung ist an mehreren Stellen geregelt, dass ein Luftverkehrsunternehmen solche Zahlungen nicht leisten muss, wenn ein sogenannter außergewöhnlicher Umstand vorliegt. In Erwägungsgrund 14 wird eine Definition von diesen Umständen gegeben: „Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten.“
In dieser Definition werden auch Wetterbedingungen aufgezählt. Insofern könnte auch der aufgetretene Schneefall in London Ryanair von der Zahlungspflicht befreien.
Denn starke Schneefälle können natürlich den alltäglichen Flugverkehr in erheblichen Maße beeinträchtigen. Doch Ryanair muss auch plausibel nachweisen können, dass es tatsächlich keine Möglichkeit mehr gab, den Flug anderweitig stattfinden zu lassen. Der bloße Verweis auf das Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen, hier insbesondere das Aufkommen von Schnee, genügt dafür nicht. Vielmehr muss Ryanair auch nachweisen wie das Schneeaufkommen den Flug beeinflusst haben sollen. Ob in Ihrem Fall nun von einem außergewöhnlichen Umstand ausgegangen werden kann, lässt sich schwer sagen, wenn man nicht alle Hintergrundinformationen hat. Ebenso ist ein Schneeaufkommen in Wintermonaten allerdings auch nicht gerad besonders außergewöhnlich, so das BG Schwechat, Urt.: 12.10.2012, Az.: 4 C 580/11 v-10.
Ihre Möglichkeiten sind natürlich diese Ausgleichsforderungen zu stellen. Möglich ist, dass dadurch Ihre Ausgaben nicht gesamt gedeckt werden können. Die Rückerstattung des Ticketpreises haben Sie anscheinend nicht angenommen, oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Beruft sich Ryanair weiterhin auf das Schneeaufkommen, können Sie sich auch an einen Fachanwalt für Fluggastrechte wenden.
Siehe untermauernde Urteile:
OGH Wien, Urteil vom 03.07.2013, Az 7 Ob 65/13d
(über Google zu finden mit der Suche "7 Ob 65/13d reise-recht-wiki")
Nach der EU-Fluggastrechteverordnung steht einem Passagier ein Ausgleichsanspruch bei einer Annullierung seines Fluges zu. Dieser Anspruch greift unabhängig davon, ob die Airline die Schuld an der Annullierung trägt. Diese kann sich nur über außergewöhnliche Umstände von der Zahlungspflicht befreien (s.o.).
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.05.2013, Az 29 C 1954/11(21)
(über Google zu finden mit der Suche "29 C 1954/11 (21) reise-recht-wiki")
Starker Schneefall kann einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, bei dem eine Airline keine Ausgleichszahlung erbringen muss. Allerdings muss hierfür nachgewiesen werden, dass der Schneefall erstens ein gewöhnliches Maß überschritten hat und zweitens dies auch dazu führte, dass die Airline in keinem Fall mehr ein Flugzeug starten lassen konnte.