Sie haben einen Flug von Berlin über Casablanca nach Agadir wahrgenommen. Auf dem Flug von Berlin nach Casablanca kam es zu einer Verspätung, weshalb Sie bei Ihrem Anschlussflug nicht mehr reingelassen wurden Sie sind letztendlich mit einer Verspätung von 4 Stunden an Ihrem Zielflughafen angekommen sind.
Wie Sie schon richtig erkannt haben, könnte Ihnen ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der Europäischen Fluggastrechte zustehen.
Nun stellt sich zunächst die Frage, ob diese in Ihrem Fall überhaupt Anwendung findet.
Der Anwendungsbereich der Verordnung 261/2004 ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung.
"Artikel 3
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, einen Flug antreten
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten."
Sie treten Ihren Flug in Berlin an, also auf einem Flughafen eines Mitgliedstaates. Meines Erachtens ist in Ihrem Fall also die Europäische Fluggastrechte Verordnung anwendbar.
Sie könnten also möglicherweise einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Artikel 7 der FluggastVO (EG) Nr. 261/2004 geltend machen. Die Höhe dieses ergibt sich aus de Entfernung und bemisst sich wie folgt:
- Bei einer Verspätung von 2 Stunden auf einer Strecke von 1500km oder weniger: 250€
- Bei einer Verspätung von 3 Stunden auf einer Strecke innerhalb der EU oder bis 3500km: 400€
- Bei einer Verspätung von 4 oder mehr Stunden auf einer Strecke außerhalb der EU von 3500km oder mehr: 600€
Vei einer Verspätung geht es nicht um die Verspätung beim Abflug, sondern um die Verspätung am Zielort. Dazu das folgende Urteil:
EuGH, Urteil vom 04.09.2014, Az.: C-452/13 8 (einfach zu finden bei Google unter „ reise-recht-wiki“)
Der EuGH hat nun klargestellt, dass eine Verspätung beim Abflug keine Voraussetzung für die Entschädigung ist. Es kommt also allein auf die Ankunftsverspätung am Zielflughafen an. Für den Ankunftszeitpunkt ist das Öffnen einer Tür des Flugzeugs maßgebend, und nicht wie bisher von den Gerichten angenommen das Berühren des Bodens (Touch-Down) oder das Erreichen der Parkposition (on-block).
Sie sind mit einer Verspätung von über 4 Stunden an Ihrem Zielflughafen angekommen. Die Voraussetzungen de Art. 7 sind also soweit erfüllt und Sie könnten meines Erachtens also durchaus einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 haben.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es bei Ihrem Flug eine Zwischenlandung gab und dieser Umsteigeflughafen außerhalb der EU lag. Siehe dafür folgendes Urteil:
LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013, Az.: 2-24 S 47/12 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")
Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslösen – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.
Für einen genaueren Rechtsrat könnte es aufgrund der komplexen Einzelheiten außerdem sinnvoll sein, einen Fachanwalt für Flugrecht einzuschalten.