Hallo,
ihr habt bei einem Reiseveranstalter vor Ort eine Pauschalreise nach Thailand gebucht. In Thailand angekommen, musstet ihr sehr lange darauf warten, endlich in euer Zimmer gehen zu können. Das Zimmer, das ihr dann vorgefunden habt, war eurer Ansicht nach mangelbehaftet und außerdem nicht das eigentlich gebuchte Zimmer. Nachdem ihr die Mängel angezeigt habt, wurde euch eine Ersatzunterkunft einige Tage später angeboten, die ihr allerdings abgelehnt habt. Grund dafür war, dass du schwanger bist und mit den Umständen nicht mehr klargekommen bist.
Nun fragst du, ob ihr Ansprüche geltend machen könnt, vor allem Schadensersatz.
Zunächst einmal ist es so, dass für etwaige Ansprüche ein Reisemangel vorliegen muss. Die Definition eines Reisemangels ist das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder das Vorhandensein eines Fehlers. Die genaue Definition und weitergehende Informationen findest du unter folgenden Link oder in § 651 i BGB:
http://passagierrechte.org/Reisemangel#Definition_des_Reisemangels
In eurem Fall ist es so, dass du diverse Mängel aufzählst: die Klimaanlage, Badewanne, Wasserhahn etc sind vorhandene Fehler, die meiner Ansicht nach einen Reisemangel begründen. Außerdem sind die unzumutbare Wartezeit und die Großbaustelle unmittelbar neben eurem Hotel meiner Auffassung nach ebenfalls als Reisemangel zu bewerten.
Die Unterbringung in einem Appartement anstelle eines Hotelzimmers hingegen stellt keinen Reisemangel dar, weil ein Appartement mindestens gleichwertig ist. Die Lage ist zwar ärgerlich, aber leider ist es meiner Ansicht nach auch kein Reisemangel. Es wird hier eher eine hinzunehmende Unannehmlichkeit zutreffen, die lediglich wegen deiner Schwangerschaft so gravierend zu sein scheint.
Nichtsdestotrotz liegen Reisemängel vor. Welche Rechte Reisende bei Mängel haben, steht in § 651 i BGB:
(1) Der Reiseveranstalter hat dem Reisenden die Pauschalreise frei von Reisemängeln zu verschaffen.
(2) Die Pauschalreise ist frei von Reisemängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Pauschalreise frei von Reisemängeln,
1.wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen eignet, ansonsten
2.wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann.
Ein Reisemangel liegt auch vor, wenn der Reiseveranstalter Reiseleistungen nicht oder mit unangemessener Verspätung verschafft.
(3) Ist die Pauschalreise mangelhaft, kann der Reisende, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nichts anderes bestimmt ist,
1.nach § 651k Absatz 1 Abhilfe verlangen,
2.nach § 651k Absatz 2 selbst Abhilfe schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.nach § 651k Absatz 3 Abhilfe durch andere Reiseleistungen (Ersatzleistungen) verlangen,
4.nach § 651k Absatz 4 und 5 Kostentragung für eine notwendige Beherbergung verlangen,
5.den Vertrag nach § 651l kündigen,
6.die sich aus einer Minderung des Reisepreises (§ 651m) ergebenden Rechte geltend machen und
7.nach § 651n Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.
Weil ihr bereits vor Ort die Mängel angezeigt habt, kommt die Abhilfe nicht mehr in Betracht. In Frage käme in eurem Fall noch eine Minderung nach § 651 m BGB:
(1) Für die Dauer des Reisemangels mindert sich der Reisepreis. Bei der Minderung ist der Reisepreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Pauschalreise in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.
(2) Hat der Reisende mehr als den geminderten Reisepreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Reiseveranstalter zu erstatten. § 346 Absatz 1 und § 347 Absatz 1 finden entsprechende Anwendung.
Hierbei gilt als Grundsatz, dass die Minderung in dem Verhältnis vorzunehmen ist, in welchem der Wert der Reise in mangelfreiem Zustand zum wirklichen Wert gestanden hat. Wie genau das berechnet wird, kann ich hier allerdings nicht sagen.
Die Frage, die hier noch aufkommt ist, auf welchen Zeitraum ist die Minderung anzuwenden.
Meiner Meinung nach ist die Minderung auf die gesamte Reisedauer auszudehnen. Ich werde versuchen, das Ganze schlüssig zu erklären:
Zunächst käme in Betracht, dass ihr die Reise durch eure verfrühte Heimreise konkludent (also durch schlüssiges Handeln) wirksam gekündigt habt.
Die Kündigung ist in § 651 l BGB geregelt:
(1) Wird die Pauschalreise durch den Reisemangel erheblich beeinträchtigt, kann der Reisende den Vertrag kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu leisten; § 651k Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(…)
Entscheidend bei einer Kündigung ist, dass die Reise erheblich beeinträchtigt wurde. In eurem Fall ist es meiner Meinung nach so, dass die Reise zwar objektive Mängel aufwies, die aber nicht so gravierend waren, dass eine frühzeitige Abreise gerechtfertigt wäre. Wie ich das verstanden habe, ist vieles davon auch auf die Schwangerschaft zurückzuführen. Das entnehme ich dem Geschriebenen, weil du sagst, dass dein Mann das noch etwas ausgehalten hätte, du hingegen nicht mehr konntest.
Meiner Meinung nach war eine Kündigung hier also nicht gerechtfertigt.
Aufgrund dessen, dass die Reise nicht wirksam gekündigt wurde, bestand euer Reisevertrag weiterhin. Dies bedeutet für die Minderung, dass sie sich auf den gesamten Reisezeitraum erstreckt. Aufgrund des Vertrags bestanden die Pflichten der beiden Parteien weiterhin, also auch die Pflicht für eine mangelfreie Unterkunft zu sorgen.
Du schreibst, dass ihr die Ersatzunterkunft nicht annehmen wolltet und stattdessen früher nach Hause geflogen seid. Hier stellt sich die Frage, ob die Minderung wegen unterbliebener Mitwirkungshandlung vielleicht ausgeschlossen sein könnte.
Dies ist dann der Fall, wenn die Abhilfe (hier: eine neue Unterkunft) endgültig und ernsthaft abgelehnt wurde. Ihr habt dies zwar getan, allerdings wurde die neue Unterkunft nur in Aussicht gestellt. Die Aussage „in ein paar Tagen“ ist zu vage, als dass sie als Zusicherung gelten kann.
Euer Minderungsanspruch ist also nicht ausgeschlossen.
Wie sieht es mit einem Schadensersatz aus? Nach § 651 n BGB kann man Schadensersatz neben der Minderung verlangen und auch zusätzliche Kosten erstattet bekommen:
(1) Der Reisende kann unbeschadet der Minderung oder der Kündigung Schadensersatz verlangen, es sei denn, der Reisemangel
1.ist vom Reisenden verschuldet,
2.ist von einem Dritten verschuldet, der weder Leistungserbringer ist noch in anderer Weise an der Erbringung der von dem Pauschalreisevertrag umfassten Reiseleistungen beteiligt ist, und war für den Reiseveranstalter nicht vorhersehbar oder nicht vermeidbar oder
3.wurde durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände verursacht.
(2) Wird die Pauschalreise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, kann der Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
(3) Wenn der Reiseveranstalter zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat er unverzüglich zu leisten.
Allerdings ist hier wieder das Problem der erheblichen Beeinträchtigung. Wie ich bereits bei der Kündigung erwähnt habe, war die Beeinträchtigung nicht erheblich, weshalb hier also leider kein Schadensersatz und auch keine Erstattung der zusätzlichen Kosten verlangt werden kann.
Ich habe zu deinem Fall ein passendes Urteil gefunden, das einen sehr ähnlichen Sachverhalt beurteilt hat:
AG Kleve, Urt. v. 06.04.2001, Az: 36 C 47/01 (einfach zu finden, indem du auf Google „AG Kleve 36 C 47/01 reise-recht-wiki.de“ eingibst)
Muss ein Reisender unzumutbar lang auf die Bereitstellung des gebuchten Zimmers warten, verringert sich der Tagesreisepreis um 30%.
Wird der Reisende buchungswidrig in einem anderen Hotel untergebracht, rechtfertigt dies die Minderung des Tagesreisepreises um 10%.
Euch steht meiner Auffassung nach also ein Anspruch auf Reisepreisminderung zu.
Ich rate euch allerdings, einen Anwalt mit dieser Thematik aufzusuchen. Er kennt sich mit der Komplexität des Reiserechts besser aus und weiß auch wie hoch die Minderung berechnet werden kann.