Hallo, Thomas!
Welche Rechte habe ich? Greift die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments?
Ja, die Verordnung (EG) 261/2004 findet Anwendung. Es handelt sich um einen Flug, den Sie von einem Flughafen eines Mitgliedstaates antreten, sodass der räumliche Geltungsbereich der Verordnung 261/2004 gem. Art. 3, Abs. 1, li. a) VO 261/2004 eröffnet ist.
Da Sie über die Änderung mehr, als zwei Wochen vor dem ursprünglich geplanten Abflug unterrichtet wurden, haben Sie keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (Art. 5, Abs. 1, li. c), subli. i) VO 261/2004). Sie haben aber das Recht, gem. Art. 8, Abs. 1, li. a) VO 261/2004, eine kostenlose Stornierung und eine vollständige Erstattung des Flugpreises zu verlangen.
Falls ja, handelt es sich um eine Annullierung?
Ich würde die Meinung vertreten, dass es sich um eine Annullierung handelt. Gem. Art. 2, Buchst. l) VO 261/2004 ist eine „Annullierung“ – „die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war.“
Da diese Begriffsbestimmung unterschiedlich interpretiert werden kann, hatte der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 13.10.2011 (Az. C-83/10) über eine genauere Definition des Begriffes „Annullierung“ zu entscheiden:
„[31][…] dass grundsätzlich von einer Annullierung ausgegangen werden kann, wenn der ursprünglich geplante und verspätete Flug auf einen anderen Flug verlegt wird, d. h., wenn die Planung des ursprünglichen Flugs aufgegeben wird und die Fluggäste dieses Flugs zu den Fluggästen eines anderen, ebenfalls geplanten Flugs stoßen, und zwar unabhängig von dem Flug, den die umgebuchten Fluggäste gebucht hatten (Urteil Sturgeon u. a., Randnr. 36).
[32] 31 In einer solchen Situation ist es keineswegs notwendig, dass alle Fluggäste, die den ursprünglich geplanten Flug gebucht hatten, mit einem anderen Flug befördert werden. In diesem Zusammenhang ist allein die individuelle Situation jedes auf diese Weise beförderten Fluggastes maßgeblich, d. h. der Umstand, dass in Bezug auf den betreffenden Fluggast die ursprüngliche Planung des Flugs aufgegeben wurde.“
Meines Erachtens, bei einer 24-stündigen Vorverlegung des Fluges kann man schon relativ sicher davon sprechen, dass Ihre ursprüngliche Flugplanung aufgegeben wurde und es sich somit um eine Annullierung handelt.
Falls ja, wie ist Artikel 5 zu deuten? Es heißt dort, dass "(1) Bei Annullierung eines Fluges [...] den betroffenen Fluggästen" folgende Rechte zustehen "a) [...] , b) [...] , c) [...], es sei denn, i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet [...]". i) ist erfüllt, da ich weit im Voraus informiert wurde - heißt dies nun, dass nur c) nicht greift, oder schließt die Klausel "es sei denn" auch a) und b) aus?
Artikel 5 ist dahingehend zu deuten, dass der Buchstabe i) lediglich den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung gem. Art. 7 VO 261/2004 betrifft. Die möglichen Ansprüche aus den Artikeln 8 und 9 der VO 261/2004 bleiben davon unberührt.
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