Guten Tag,
Sie und Ihr Freund haben ein gemeinsames Gepäckstück aufgegeben, welches mit Verspätung ankam. Sie fragen nun nach Ihren Ansprüchen, und wer sie geltend machen kann.
1. Verspätungen von Reisegepäck
Im Falle von Gepäckverspätungen steht Ihnen ein Anspruch aus Artikel 19 des Montrealer Übereinkommens über Verspätungen von Reisegepäck zu:
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
Dazu folgende Urteile:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki.de")
Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az.: 29 C 2518/12(19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki.de")
Der zu ersetzende Schaden besteht u.a. aus den notwendigen Ausgaben, die getätigt wurden, um das fehlende Gepäck auszugleichen. Die Notwendigkeit muss jeweils nachgewiesen werden.
Dem Urteil und Artikel 19 des Montrealer Übereinkommens hat die Fluggesellschaft Ihnen den entstandenen Schaden zu ersetzen, das heißt, jeder materieller Schaden, und eben auch die nachgekauften notwendigen Kleidungsstücke, können Sie von der Airline ersetzen lassen. Wichtig ist, dass Sie die dazugehörigen Quittungen und Belege aufbewahren, um Ihre Käufe und, gegenüber der Airline, auch deren Notwendigkeit nachweisen können.
Außerdem:
AG Bremen, Urteil vom 05.12.2013, Az. 9 C 244/13 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Bremen Az.: 9 C 244/13 reise-recht-wiki.de")
Eine Gepäckverspätung muss gemäß Art. 31 MÜ innerhalb von 21 Tagen nach Erhalt des Gepäcks angezeigt werden. Die Anzeige muss hierbei gegenüber dem Unternehmen geschehen, welches Ihr Gepäck transportiert hatte. Erst nach der Anzeige können eventuelle Ansprüche geltend gemacht werden.
Das heißt, Ihre Schäden müssen Sie gegenüber der Airline spätestens 21 Tage nach dem Erhalt Ihres verspäteten Gepäcks geltend machen.
a) Anspruchsberechtiger
Anspruchsberechtiger ist in der Regel derjenige, auf den der Koffer bei der Airline gebucht wurde. In Ihrem Fall haben Sie ein Gepäckstück gemeinsam genutzt, und wollen wegen der Verspätung beide Ansprüche geltend machen.
Dazu folgendes Urteil:
EuGH, Urteil vom 22.11.2012 – Az.: C-410/11 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " EuGH Az.: C-410/11 reise-recht-wiki.de")
Art. 22 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 des am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossenen Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, das von der Europäischen Gemeinschaft am 9. Dezember 1999 unterzeichnet und mit Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 in ihrem Namen genehmigt wurde, ist dahin auszulegen, dass der Anspruch auf Entschädigung und die Haftungsbegrenzung des Luftfrachtführers bei Verlust von Reisegepäck auch für den Reisenden gelten, der diese Entschädigung für den Verlust eines Gepäckstücks fordert, das von einem Mitreisenden aufgegeben wurde, sofern dieses verloren gegangene Gepäckstück tatsächlich Gegenstände des Reisenden enthielt.
Aus diesem EuGH-Urteil geht hervor, dass bei Verlust des Reisegepäcks auch ein Mitreisender, der Gegenstände im Koffer, welcher auf einen anderen Reisenden gebucht war, Anspruch auf Entschädigung durch die Fluggesellschaft hat. In Ihrem Fall geht es nicht um den Verlust eines Koffers, sondern um eine Verspätung, und die dadurch entstandenen Kosten. Aus dem Montrealer Übereinkommen ergibt sich nicht direkt eine Anspruchsgrundlage, ebenso wenig aus einem Urteil. Deshalb: Ob die Airline also im Sinne dieses Urteils bereit ist für beide Reisenden die Neuanschaffungen zu übernehmen ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen.
b) Verlorene Zeit
Eine Anspruchsgrundlage, nach der Sie die verlorengegangene Zeit beim Einkaufen der notwendigen Kleidungsstücke erstattet bekommen können, geht leider nicht aus dem Montrealer Übereinkommen hervor. Es wäre sicher schwierig eine finanzielle Entschädigung pro Minute/Stunde festzulegen, auch da es der Fluggesellschaft nicht möglich ist Ihren zeitlichen Aufwand nachzuprüfen.
2. Ergebnis
Ihnen ist deshalb zu empfehlen sich erstmal an Ihre Fluggesellschaft zu wenden, dort Ihr Anliegen zu schildern, und zu versuchen die angefallenen Kosten für Sie und Ihren Freund gleichermaßen erstattet zu bekommen. Sollte die Airline negativ auf Ihr Anliegen reagieren, dann bleibt Ihnen weiterhin der Gang zu einem Anwalt.
Viel Erfolg!